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JUNI 2015

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ICON Juni 2015

GESANDET

Freiheit, sei die meine!

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CONDE NAST ARCHIVE/CORBIS

ugegeben, wir haben ein Faible für die Schätze aus dem Condé Nast Archiv. Nicht, dass es nicht auch heute großartige Fotografen und Stylisten gäbe (bitte überzeugen Sie sich gleich ab Seite 28). Doch schwingt bei den alten Fotos wie dieser Aufnahme vom Januar 1968 etwas mit, das kein noch so begabter Bildkünstler rekonstruieren kann: nämlich die Zeit selbst. Aufgenommen vor der Küste der brasilianischen Insel Itaparica, trägt das damalige Supermodel Veruschka einen Look, den wir immer wieder genauso anziehen würden. Okay – den Metallgürtel vielleicht etwas schmaler. Aber nicht der Déjà-vu-Effekt ist entscheidend, der holt uns in der Mode ohnehin ständig ein. Der Grund, warum wir solche Aufnahmen wohlig gern ansehen, ist die Stimmung, die wir hineininterpretieren können. Nun war 1968 aus politischer Sicht nicht gerade ein Wohlfühljahr, aber in der Erinnerung werden Kampf und Protest überlagert von einem positiven Grundton, der uns abhandengekommen zu sein scheint: Nämlich der Glaube daran, dass die Zukunft gut wird. Und deshalb möchten wir Sie gern mit diesem optimistischen Bild in den Sommer begleiten. Let the sunshine in! Oder tauchen Sie ab. Wo immer Ihr Seelenort ist. Wir haben es doch so gut. Bleiben Sie zuversichtlich! AUF DEM COVER: Model Katrin trägt einen Mantel von Hermès. Darunter ein Kleid von Wunderkind

ALBER ELBAZ 1961 war der Computer als überlebenswichtiger Bestandteil eines jeden Haushalts noch Zukunftsmusik. Es war auch das Jahr,

in dem Alber Elbaz geboren wurde. Der Modedesigner und Chef von Lanvin kam in Marokko zur Welt und wuchs später in Israel auf. In New York fand er seine Profession. Seine Wegbegleiter? Papier und Stifte. Auf der jährlichen Condé Nast International Luxury Conference teilte er in einem Vortrag seine Gedanken über den Einfluss des schlauen, aber emotionslosen Computers auf die Mode mit. Der begnadete Redner braucht keinen Teleprompter. Und Papier und Stift legt Alber Elbaz nur skeptisch beiseite: „Heute gucke ich auf den Bildschirm und entscheide so, was gutes und was schlechtes Design ist. Aber nicht alles, was am Bildschirm toll aussieht, sieht auch in Wirklichkeit gut aus.“ Seite 24

KARL LAGERFELD Ein fester, weißer Umschlag mit feinem silbrigen Rand und Schnörkelwelle, die Initialen KL elegant auf der Rückseite in

COVER: KRISTIAN SCHULLER, DIESE SEITE: GETTY IMAGES (2), MARIO TESTINO

Silber-Stahlstich graviert. Die Adresse ist mit großzügiger Schrift geschrieben. Vom Chef selbst. So sieht es aus, wenn man Post von Karl Lagerfeld bekommt. Aus gutem Grund trägt die sehenswerte Ausstellung „Karl Lagerfeld. Modemethode“ in der Bundeskunsthalle Bonn (bis 13. September) den Untertitel: From paper to paper. Seine Liebe zum Papier hält ewig. Im Umschlag stecken eine Mappe, darin eine Illustration und drei Seiten mit handschriftlichen Anmerkungen. Als wäre die Tatsache, dass der Tausendmacher sich die Zeit nimmt, extra für uns eine Illustration als Bühne für die Paris-Salzburg-Kollektion von Chanel anzufertigen, nicht schon kostbar genug, ist diese noble Art, in der er sie schickt, ein Schatz für sich. Viel zu selten heute. Aber dass Karl Lagerfeld einzigartig ist, ahnen wir ja schon lange. Seite 26

MASSIMO RODARI Gute Reportage-Fotografen erkennt man daran, dass sie sich unsichtbar machen können: Menschen sind nun einmal am authentischsten, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Massimo Rodari beherrscht diese Technik perfekt. Für uns reiste er nach Neapel, um eine Reportage über die Schneiderszene ins Bild zu setzen. Im urbanen Dickicht kam dem gebürtigen Tessiner seine Gabe wieder sehr zugute. Er hält die Stadt am Vesuv für einen der spannendsten Orte, die er kennengelernt hat. Der Mythos fasziniert ihn immer neu, da wollte er ganz eintauchen. Rodari benutzte übrigens eine Leica M6 – in alter analoger Manier. Als er sich bei Kitons CEO Antonio de Matteis entschuldigen wollte, dass das Einlegen des Films etwas dauern würde, meinte der nur: „Was gut werden will, braucht seine Zeit!“ So verhält es sich auch bei einem guten neapolitanischen Anzug. Und Rodari wusste: Er hatte die richtige Idee für den Ort gehabt. Ab Seite 50

IMPRESSUM ICON Chefredakteurin: Inga Griese (verantwortlich) Textchef: Dr. Philip Cassier Redaktion: Caroline Börger, Heike Blümner, Nicola Erdmann, Julia Hackober, Jennifer Hinz, Silvia Ihring, Mira Wiesinger. Korrespondentin in New York: Huberta von Voss. Korrespondentin in Paris: Silke Bender. Stylistin in New York: Nadia Rath. Autoren: Susanne Opalka, Esther Sterath, Andreas Tölke Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver Artdirektorin: Barbara Krämer Gestaltung: Maria Christina Agerkop, Katja Schroedter Fotoredaktion: Julia Sörgel, Elias Gröb, Emina Hodzic Bildbearbeitung:Thomas Gröschke, Liane Kühne-Kootz, Kerstin Schmidt, Felix Steinert, Tom Uecker Verlagsgeschäftsführung: Dr. Stephanie Caspar, Dr. Torsten Rossmann General Manager: Johannes Boege Gesamtanzeigenleitung: Stefan Mölling; Anzeigen ICON: Roseline Nizet ([emailprotected]) Objektleitung: Carola Curio ([emailprotected]) Verlag: WeltN24 GmbH Druck: Prinovis Ltd. & Co KG, Nürnberg Herstellung: Olaf Hopf ICON ist ein Supplement der „Welt am Sonntag“, die nächste Ausgabe erscheint am 13. September 2015. Sie erreichen uns unter [emailprotected] Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit.

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AUSGEWÄHLT 14

NU N WIRD’S SOM MER Unsere Lifestyle-Experten sind schon im Ferienmodus. Und wir folgen ihnen natürlich nur zu gern

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D RESSCODE D’AZUR Icona ist so frei – und trägt die Farben von Himmel und Meer

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ELBAZ’ EINSICH TEN Was macht Mode begehrenswert? Alber Elbaz, Kreativdirektor von Lanvin, denkt den Luxus der Zukunft

Wüste, wohin das Auge blickt. Im unserem Shooting mit Fotograf Kristian Schuller kombinieren wir passend dazu weiße Mode mit roten Akzenten. Katrin trägt ein Kleid von Lela Rose und Schuhe von Sonia Rykiel. Mehr davon gibt es ab Seite 28

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PARIS -SALZBURG -CHANEL Karl Lagerfeld illustrierte für uns seine aktuelle „Métiers d’Art“-Kollektion – eine kultivierte Collage

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M ANCH E MÖ GEN’S H EISS Kristian Schuller fotografierte kühne Kleider in der Dünenlandschaft der „White Sands“ in New Mexico

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BOD ENH AFTU NG In diesem Sommer müssen Sie nicht hoch hinaus – die schönsten flachen Alternativen aus dem Schuhregal

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BLAU M ACHEN Spannen Sie ruhig mal richtig aus – diese Produkte sind dabei

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D ENKM ALP FLEGE Giorgio Armani hat Mailand und sich ein Museum geschenkt. Wir haben derweil seine Jubiläumskollektion fotografiert. Für den Maestro selbst gilt: Nach dem Fest ist vor der Show

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SARTORIA NAP OLI Nirgendwo gibt es Sommeranzüge wie am Fuß des Vesuvs – eine Reise zu den heißesten Schneidern des Planeten

KRISTIAN SCHULLER(2)

MODE

Sand als schönstes Accessoire im White Sands Nationalpark. Alles andere kommt von Louis Vuitton

Sittsame Sitzgelegenheit: Outdoor-Sessel „Wabi“ von Francesco Rota für Paola Lenti. Über iconist.de

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DIE LEGENDE UNTER DEN IKONEN.

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KOSMETIK

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SO RIECHT EXTRAVAGANZ Alexander Vreeland, Enkel der legendären Journalistin, erzählt Uschka Pittroff, warum er seiner Großmutter eine Duftlinie widmet

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A B A N DEN STRAND Alles, was Sie für den Sommerurlaub brauchen. Die Kosmetik-Neuheiten

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STIEFEL VOLL Marina Sersale hat mit „Eau d’Italie“ Parfüms kreiert, die den olfaktorischen Reichtum eines ganzen Landes einfangen

GESCHICHTEN

ZUSAMMENGESTELLT VON CAROLINE BÖRGER; ILLUSTRATION: ICON

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NEW YOR K IM TI EGEL Es war einmal im East Village eine Apotheke – nun ist Kiehl’s ein weltweites Kosmetikunternehmen: Susanne Opalka erzählt die Geschichte

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GLO BA L D IA RY Kunst in Oslo, Segeln vor Sardinien, relaxen auf Mykonos – man kann’s schlechter haben als die Absenderinnen unserer Postkarten

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VIVA TOSKANA Auf der Suche nach Erholung? Ab in die „Tenuta della Rose“. Pronto!

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DER BAUPLAN Goldschmiedearbeiten in Perfektion. Wir schauten dabei zu, wie die symbolischen Anhänger von Dodo entstehen

Man in suit: Luca Rubinacci, in dritter Generation Inhaber der berühmten Schneiderei in Neapel, modelt gern selbst. Mehr ab Seite 50

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M EH R FÜ R’S M EER Bevor Sie an die Küste aufbrechen, fanden wir schon meerchenhafte Produkte. Plus: Unsere Kosmetik-Experten verraten ihre Sommer-Lieblinge

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11 Sommer? Kann kommen. Die Espadrilles von Pucci warten schon

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UNSERE LIFESTYLEWEISEN ERZÄHLEN VON IHREM LIEBSTEN PLATZ IM SOMMER

Zwei Monate für Dior

Von 100 auf null. So lautet unser Motto nach der Pariser Fashionweek. Weshalb es viele Leute paradox finden, dass wir dafür ausgerechnet Ibiza aufsuchen. Als würde man in den irren Berliner Club „Berghain“ gehen, um einen besinnlichen Abend zu verbringen. Sprich: unmöglich. Natürlich gibt es das HippieJetset-Rave-Ibiza mit den üblichen verdächtigen Orten: „Amnesia“, „Privilege“, „Pacha“, „Ushuaia“ und „Café del Mar“. Und ja, manchmal will man auch genau das. Aber die Insel kann auch anders. Ibiza jenseits des Hypes ist wenig touristisch, unaufgeregt und wunderschön. Unübertroffen ist zum Beispiel der spektakuläre Sonnenuntergang mit Blick auf Es Vedrà – einem Felsen vor der Westküste im Restaurant „Cala d’Hort“. Ist dieser wohl magische Platz doch der einzige Ort, wo man den inseltypischen Weißwein Pescador trinken kann, ohne es anderntags zu bereuen. Nicht-Esoteriker wie wir schreiben das der fantastischen Paella zu. Und apropos Essen: Die Ex-Buden „Es Xarcu“ und „Ses Boques“ im Süden lieben wir für ihren Fisch in SalzJohnny Talbot & Adrian Runhof kruste. Direkt am Strand gelegen sind sie das ideale Ziel für einen Bootsausflug. Doch wohin, wenn man seine neuen Robinson-les-Bains- und Frescobal-Carioca-Badeshorts einweihen will? Designer-Duo des Münchner ModelaWir empfehlen Punta Galera. Der ehemalige Steinbruch ist zwar nur kraxelnd über Fels und bels Talbot Runhof Stein zu erreichen, aber man wird mit glasklarem Wasser und terrassenförmigen Klippen direkt überm Meer belohnt. Während Cooper seine Reflexe an den blitzschnellen Eidechsen vergeblich testet, erfreuen sich seine Herrchen am Anblick braun gebrannter Surfertypen. Auch wenn unser Lieblings-Sommeroutfit eigentlich in weißen Hosen und Bottega-Veneta-Sandalen zum wahlweise Lacoste-Shirt (Adrian) oder All-Saints-Hemd (Johnny) besteht: Auf Ibiza hat man die seltene Gelegenheit, uns öffentlich im Sportdress zu sehen. Und zwar beim Biken. Nein, wir reden nicht von schillernden Trikots in Remmidemmi-Farben, sondern von zweckentfremdeten Lululemon-Yoga-Klamotten. Unser Ziel? Abschalten. Unser Weg? Mitten durch Weinberge, Mandelhaine, winzige Ortschaften und dann hoch auf den Sa Talaia. Für die Mittagspause empfehlen wir Santa Agnès. Hier gibt es dienstags und donnerstags direkt neben der Kirche eine Paella, für die wir gerne einen Gang zulegen. Für alle Nichtpfadfinder: Im Landesinneren gibt es ein perfekt erschlossenes Radweg-Netz mit Beschilderung.

Anschmiegsam: Die neue „Key“-Bag von Jil Sander – die View Bag

www.chanel.com

IZIBIZI IBIZA

Wie schafft es Purist Raf Simons, in Rekordzeit seine erste Haute-CoutureKollektion zu entwerfen? Nicht in den Riesenfußstapfen bei Christian Dior zu versinken, vielmehr sofort seinen eigenen New Look zu prägen? Nichts geht ohne Emotionen: Stress, Druck, Freudentränen, Humor, Erleichterung. Der ungeschönte Blick hinter die Kulissen, der Film „Dior und ich“ von Frédéric Tcheng kommt am 9. Juli ins Kino.

A B J U N I I N V I E L E N FA R B E N U N D VA R I A N T E N

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DER CHANEL MOMENT

Guten Flug

LAURENT CHÉHÈRE / COURTESY LUMIERE BROTHERS CENTER FOR PHOTOGRAPHY

Manchmal, wenn die Gassen in Paris zu eng werden und der Lärm zu laut, möchte manch einer fliehen. Einfach mit dem Zirkus durchbrennen. Laurent Chéhère tut genau dies in seiner Ausstellung „Airy Worlds“, er lässt Behausungen fliegen. Wohin die Reise in Wohnwagen und Jugendstilbauten mitsamt ihrer Bewohner geht, ist ungewiss. Bis 21. Juni lädt die Galerie „The Lumiere Brothers Center for Photography“ in Moskau zum Abheben ein.

KÖNIGLICH Ich bin Saison-Nomadin. Ich liebe die Sonne, und wenn man aus Deutschland kommt, muss man dieser bekanntermaßen oft hinterherreisen. Andererseits gibt es wohl kaum ein schöneres Land als unseres, wenn sie dann mal scheint. Im Sommer verlasse ich meine Herzensheimat Bayern daher nur, wenn es wirklich richtig düster aussieht, und bei schönem Wetter trifft man mich dann gern mal auf der Fraueninsel an. So nennen wir „Einheimischen“ jedenfalls Frauenchiemsee, die zweitgrößte der drei Inselchen im Chiemsee. Die oberbayerische Gemeinde Chiemsee ist auch die kleinste politische Gemeinde Bayerns, um im Zwergenmodus zu bleiben. Auf dem 15,5 Hektar großen, autofreien Areal wohnen etwa 300 tiefenentspannte Bayern. Über sie wacht das Kloster Frauenwörth und übernachten kann Ala Zander man – wenn man Glück hat und ein Zimmer bekommt – bei einem der beiden InInhaberin der PR-Agentur selwirte. Tagsüber döst man auf einem Elektrobötchen mit Liegefläche auf dem Stilart endlos scheinenden und mit der Alpenkulisse verschmelzenden „bayerischen Meer“. Das Wasser ist moosgrün, und wenn ich mit Blick auf die Kampenwand hineinspringe, dann fühle ich mich wie die Königin des Sees. Abends sitzt man unter den alten, riesigen Bäumen des Gasthofs „Zur Linde“ und freut sich, wenn der letzte Dampfer mit lärmenden Tagestouristen abgelegt hat und Stille einkehrt. Bei einem kühlen Bier genieße ich, klar, Zanderwürfel in Knoblauch-Öl und warte drauf, dass einer seine Ziehharmonika auspackt. Das war’s zwar dann mit der Stille – aber die Nacht wird unvergesslich.

Kunterbuntes zur Expo in Mailand: Lucy + Jorge Orta haben für ZegnArt 500 Teller gestaltet ÜBER FONDOAMBIENTE.IT

WO DAS ZUHAUSE GLÜCK IST Giuseppe Santoni CEO von Santoni aus Mailand

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TRENDBAROMETER VON WOLFGANG JOOP

Herr Haka Die Mode spricht ja nicht mehr zu uns, seit wir eine digitale Gesellschaft geworden sind. Die Berlinerin Britta Thie, die sich vom Model zur digitalen Künstlerin entwickelt hat, Gesichter quasi täglich verflüssigt, um sie dann wieder neu darzustellen, hat das ganz gut erkannt. Die Botschaft: Kommunikation ist heute eine andauernde Werbekampagne. Die Welt ist ein täglich neu produziertes Moodboard geworden, es gibt auch keinen Tipp mehr, der einen ganzen Sommer anhielte. Also ist meiner: Folgen Sie Ihrer Laune!

Frau Dob Wo geht die Reise nur hin? Deshalb ist es so wichtig, einen Ort zu haben, der ein Zuhause ist, der tröstet und beruhigt. Und was man trägt, sollte sich der Landschaft anpassen. Du hast mir doch erzählt, dass du nicht wusstest, was du für den längeren New-YorkTrip demnächst einpacken sollst, weil du so lange nicht mehr dort warst. Bleib bloß bei deiner Idee: „Ich pack’ den Koffer erst dort!“

Als Kind verbrachte ich die Sommerferien in Civitanova, einer kleinen Stadt an der Adriaküste. Vor ein paar Jahren habe ich mir dort ein Haus gekauft. Ich wollte schon immer direkt am Meer leben. Meine Frau und ich laden gerne Freunde ein und dann bereiten wir alle gemeinsam das Essen zu. Kürzlich habe ich extra ein großes Sofa gekauft und es in die Mitte des Wohnzimmers gestellt. Auch die Veranda ist ein wunderbar geselliger Platz. In Civitanova lebe ich ungefähr vier Monate, das restliche Jahr verbringe ich zwischen Corridonia, dem Hauptsitz unseres Unternehmens, Mailand und St. Moritz, unserem Winterdomizil. Ein kurzer Sprung ins Wasser nach einem langen Arbeitstag und dann Dinner mit Blick auf das Meer – welch Entspannung. Ganz nah sind schöne Strände, Beachclubs, lange Radwege und hervorragende, ursprüngliche Fischrestaurants. Eines meiner liebsten ist „Clandestino Susci Bar“. Es wird von dem Koch Moreno Cedroni geführt, der italienische Zutaten und Lebensart mit japanischen Einflüssen verbindet. Auch die Lage ist toll, mitten auf einem kleinen Felsen, direkt an der Küste bei Ancona. Ja, Civitanova möge immer der glückliche Zufluchtsort für meine Familie und mich bleiben.

Marsch, Marsch!

CATHLEEN NAUNDORF

Je zwei Tiere jeder Art sollten sich auf dem sicheren Boot Noahs einfinden. Die Fotografin Cathleen Naundorf rettet in ihren Arbeiten bevorzugt die hohe Schneiderkunst, unter anderem von Dior, Chanel und Valentino. Pärchen gibt es hier nicht, sondern Unikate, aber gerade die wollen ja auch bewahrt werden. Die Ausstellung „Noah’s Ark“ ist noch bis 19. Juni in der Londoner Hamiltons Gallery zu sehen.

BLIESWOOD VERLÄSST SEIN TERRAIN

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In einem Gespräch mit dem Philosophen Wilhelm Schmid über Inspiration, Ideen, den Heiligen Geist und die schöpferische Kraft der Sexualität sagt er: „Wenn der Kopf zu stark beteiligt ist, also das bewusste ‚Ich‘, wird das nichts. Schalte ich aber den Kopf aus, kann sich Sinnlichkeit entfalten.“ JA! Und ja, dies gilt gleichsam und umso mehr für die Kunst. Moderne Kunst scheint den Kopf, das Kognitive so sehr ins Zentrum des Schaffens zu setzen, dass nicht nur die Sinnlichkeit, sondern sogar für den geübten Betrachter der Sinn abhanden kommt. So sehr bemühen sich die Kunst-Konstrukteure den Kopf zu zelebrieren, dieses intellektuelle „ES“, dass man nicht umhin kommt zu glauben, sie fürchten die Sinnlichkeit, die aber unser Bindeglied zur Kunst, dem Werk ist. Denn wo wir nicht mehr „begreifen“, erfühlen

und bewundern können, verliert das meiste Gemachte und Erdachte den Sinn. Und nichts ist schlimmer als Sinnlosigkeit. Es ist ein körperlich spürbarer Verlust, eines der schmerzlichsten Gefühle, das Menschen haben können. Wann, und vor allem WARUM passierte es, so fragt sich der Florentine Kunstliebhaber in mir, dass sich Sinn und SinnlichJoop keit so sehr trennten, die Kunst so abstrakt wurde, llustratorin so konzeptuell durchdacht, so entkoppelt von den und Autorin Kunstsuchenden und kunsthungrigen Seelen, die in Berlin einfach nur bedacht, miteinbezogen sein wollen. Die Sehnsucht nach Sinnlichkeit treibt, nein spült sie quasi durch die Ausstellungen der Künstler, die sich noch wagen, sinnlich zu sein in ihren Werken. Die uns mit erregenden Farben und begreifbaren Formen, geliebten und verehrten Motiven begeistern. Frauen machen das ja öfter. Vielleicht einer der Gründe, warum das Zitat von Baselitz sich mir so eingebrannt hat, dass „Frauen einfach nicht malen können“. Im allgemeinen Kunstverständnis mag das sogar stimmen, denn Frauen machen einfach viel zu oft viel zu sinnliche Kunst. Immer diese vielen Farben, so viele Schichten, so ungebremste Leidenschaft, so wahnsinnig erregend und immer malen sie Menschen, Portraits und irgendwann doch Kinder und Landschaften, so sehr haften sie an der Fleischlichkeit, statt sie zu überwinden. Dann noch diese eindimensionale Frauenthematik der Unterdrückung und/oder weibliche Weltanschauung, kaum eine schafft es so ins MoMA. Da erinnere ich mich (nicht ohne Wonne) an den scheinbar schlimmsten Kritikpunkt an meiner Malerei während meines Studiums. Da war von „vordergründiger Sexualität“ die Rede und ich müsse (mich?) „da“ mehr zurücknehmen – ich zitiere nur. Möge doch endlich wieder gelten: Kopf zu und Sinne auf! Möge die Sinnlichkeit den Sinn wieder mit dem Über-„Ich“ vereinen, die sprachlose Bewunderung Einzug halten in den Hallen der Künste, auf dass wir wieder Mensch sein dürfen und es wieder ein Lustwandeln sei, was uns erwartet, wenn wir den documenta-Jutebeutel umschnallen, beim Betrachten der Exponate.

GETTY IMAGES

Sinn und Sinnlichkeit

FLORENTINE JOOP

Ich war – wo ich nie war – an nur einem Tag. Morgens: In der Oase der Winde – St. Peter Ording, „Beach Motel“ (Long Island Touch, Hunde-Paradies, „Jever“-Suite mit privatem Bier-Zapfhahn). Tipps: Strandbar 54, Axels Strandhütte, Schnupperkurs Strandsegeln. Abends: Florenz, „Villa Medici“ – Penthouse-Blick. Von der friesischen, endlosen Nordsee ins rätselhafte Manhattan der Renaissance. Augen und Herz lernen das Staunen neu – raus aus der LuxusKomfortzone des Geliebten. Ich war hundert Mal in New York, Venedig, London, im „Sansibar“ und „Borchardt“. Herz, Kehle, Konto waren es gefühlte David Blieswood tausend Mal. Aber Connaisseur aus Hamburg vielleicht betäuben wir durch Wiederholungen unsere Glückssensoren. Also: Brechen Sie aus aus Ihrer Routine! (Sylt sinkt nicht!) Lebensgefühl: Vespa statt Range Rover! Ich war noch niemals in Afrika – und noch nie im „Motel One“ oder in Birkenstock-Schuhen. Wer zum ersten Mal mit der Bahn vom Flughafen Orly nach Paris reinfährt, entdeckt Frankreich neu. Wochenendreisen ohne Koffer? Es befreit! Und EasyJet ist die neue Businessclass der Frei-Flieger. Von Berlin nach Hamburg entschleunige ich im Budapest-IC. Ohne Rimowa-Manager, mit Zapf-Bier und Gulasch. Fährt 30 Minuten länger, aber schenkt Lebenszeit. Das Unbekannte ist das neue New. Hab’ mir jetzt eine schwarze Apple-Watch bestellt – arme, gute Rolex!

HOW TO ART – TEIL IV:

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Bravo Prada CAPRI, AMORE MIO

Kaum ein italienisches Modelabel ist weltweit so stilprägend wie das Haus Prada. Ein eigener Lifestyle-Kosmos, seit 1978 inspiriert von Miuccia Prada, der Enkelin des Firmengründers. Der Bildband „Pradasphere“ fasst die gleichnamige Ausstellung zusammen und erzählt mit großformatigen Fotos und Texten von der Geschichte, dem Look und den Gestaltern. Erschienen im White Star Verlag

WURST UND WEIN Ferragamo feiert 150 Jahre Heimat Florenz mit einer Ausstellung „ A PA L A C E A N D T H E CITY“ MUSEO F E R R A G A M O, F L O R E N Z

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siggi-spiegelburg.de æ LEIHMODE: Im „Hôtel Particulier Montmartre“ können sich Gäste bis 28. Juni von Videdressing einkleiden lassen. Größe nennen, schon hängt die Abendgarderobe im Schrank(23 Avenue Junot in Paris) æ SCHICKE BÄSSE: MCM gibt eine limitierte Kollektion der Beats by Dr. Dre Kopfhörer im cognacfarbenen Design heraus, über mcmworldwide.com

Ein Besuch auf einem Weingut ist schon etwas Feines. Natur, Erholung, hoffentlich köstlicher Wein – schöne Aussicht in jeder Hinsicht. Noch feiner ist es natürlich, ein Weingut zu besitzen. Die Prominenz weiß das und hat sich einige jener himmlischen Orte gesichert. Dann steht auf der fertigen Flasche zum Beispiel „Barrymore Pinot Grigio“ oder Sting schickt eine Kostprobe „Sister Moon“ rüber. Und wer würde nicht gern mal mit Günther Jauch anstoßen? Ja, es ist einfach, das Winzerleben lieb zu gewinnen. Mein (nach Sylt natürlich) Lieblingssommerort liegt übrigens auch auf einem Weingut. Bei Robert Weil in Kiedrich. Keine Sorge, den Ort muss man nicht kennen, aber gesehen sollte man ihn trotzdem haben. Die Gemeinde liegt im Rheingau, grün, gotisch, mit Fachwerkhäusern. In einer etwas üppigeren Variante jener Gebäude ist seit 1867 das Weingut von Robert Weil beheimatet. Der war wiederum auch ein Quereinsteiger und verdiente sein Geld ursprünglich als Professor für Deutsch an der Pariser Sorbonne. Heute führt sein Urenkel, Wilhelm Weil, die Geschäfte und lädt gelegentlich auf einen hauseigenen Riesling. Mein Favorit ist der „Turmberg“, trocken mit Auszügen von Aprikose, Kräutern und Zitrusfrüchten. Passt perfekt zu asiatischer Küche. Bei den Weils gehört es allerdings zum guten Ton, abends den Grill auf der Terrasse anzuschmeißen. Dann gibt es Bratwurst zum Riesling. Was für Querdenker. Köstlich.

Herbert Seckler Kultwirt vom Sylter „Sansibar“

MARTIN LENGEMANN

Der Sommer beginnt für mich immer mit dem ersten Juniwochenende. Auf Capri. Viele denken dabei gleich an ein Klischee, an Fotos von Jackie O., die in den kleinen Gassen von Paparazzi verfolgt wird. An Gianni Agnelli, Milliardärsyachten und die ganze italienische Flamboyance. Auch ich war voreingenommen und hatte mehrere Einladungen von Freunden immer ausgeschlagen. Zu viel Bling, zu touristisch, zu Pflicht-Kleidung: Tod’s hat hektisch. Bis ich vor fünf Jahren zum ersten Mal doch ein Juniwochenende auf in diesem Sommer ein der Insel im Golf von Neapel verbrachte. limitiertes Capri-Paar An einem frühen, grauen, regnerischen Berliner Morgen flog ich nach Neapel entworfen. Wo man es kaufen kann? Ab Juni – und saß um 13 Uhr bereits im „La Fontelina Beach Club“ mit Blick auf die Faraglioni Felsen und das blaue Mittelmeer. Linguini con frutti di mare, Limoncello, Sonne, klar, nur auf der Insel (Piazza Umberto I) Meer, Entspannung in Sekunden. Meine Bekehrung war augenblicklich! Ich habe mehrere Leidenschaften: Schwimmen, gutes Essen, lange Spaziergänge, die Natur, Lektüre, Architektur ... Jeder Tag ist hier ausgefüllt. Umso mehr, da ich ein Frühaufsteher bin. Das erste morgendliche Bad im Meer, lesen, lange Spaziergänge zur Villa Malaparte, die Via Krupp entEmmanuel UND SONST NOCH lang, zur Tiberius Villa, atemberaubende Aussichten. Ein Aperitif am Abend auf der Terrasse de Bayser DARF EINER MEHR SEIN: Die fröhlichen des „Quisisana“ ist ein tägliches Muss. Der Heimweg durch die winzigen Gassen bestätigt imMitbesitzer mer wieder: Man kann vom Jetset sagen, was man will, sicher ist, dass er schönste Ferienorte Kunststoffarmreifen von Siggi Spiegelvon The Corner und exquisite Plätze entdeckt hat. Berlin burg gibt es nun im hauseigenen Webshop,

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Die 1920er Jahre waren die Blütezeit von Hollywood und der Beginn der modernen Luftfahrt. Hugo Junkers stellte 1919 das erste Ganzmetall-Verkehrsflugzeug der Welt vor. Dieses wurde aus dem von Alfred Wilm im Jahre 1906 entdeckten Flugzeugaluminium gebaut. 1950 präsentierte RIMOWA den Reisekoffer mit dem unverwechselbaren Rillendesign aus dem gleichen Material – zu dieser Zeit der leichteste Reisekoffer der Welt. Schon damals setzte RIMOWA den Trend des geringen Gewichts – eine Pionierleistung in der Branche.

RIMOWA Stores Deutschland: Hamburg, Köln, München, Stuttgart

www.rimowa.com

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önnen Computer irgendwann uns Designer ersetzen? Ich habe befreundete Künstler, Architekten und Autoren gefragt, wie und womit sie anfangen. Alle gaben mir dieselbe Antwort: „Mit einem Stift und einem Blatt Papier“. – „Warum nicht mit einem Computer?“, fragte ich sie. Vielleicht, weil Computer zu genau sind, keine Zweifel kennen. Keine Intuition. Schöpferische Prozesse beginnen mit einer Idee, aber auch mit vielen Zweifeln. Und manchmal auch mit vielen Ängsten. Computer haben keine Intuition. Gestern früh tippte ich in meinen Computer die Frage: „Wie ist das Wetter in Florenz?“ Die Antwort lautete: „24 Grad“. Dann fragte ich: „Liebst du mich?“ Und die Antwort war: „Woran erkenne ich das?“ Computer sind so: Hirne ohne Herzen. Bei Maschinen gibt es immer ein System; wir leben in einer Welt voller Systeme. Wir können uns anpassen, aber wir können auch versuchen, das System an unsere Bedürfnisse anzupassen. Kürzlich machten wir in Dubai eine Modeschau in sehr intimem Rahmen, gefolgt von einem Gespräch. Das sind Augenblicke, die ich liebe. Wir sprachen über Mode, Ernährung, Kalorienzählen, Botox und Haarverlängerungen. Und wie immer wurd mir dieselbe Frage gestellt: Warum gibt es in den Geschäften keine größeren Größen? Eine der Damen erzählte, dass viele andere Modehäuser sie mit einem Privatjet abholten und ihr eine Maniküre und einen Friseur schickten – und die ganze Präsentation exklusiv für sie sei. Sie ist eine Prinzessin. Wir aber hätten keinen Jet geschickt und auch keine Stylisten, und sie habe sich die Show gemeinsam mit anderen Kundinnen ansehen müssen. Das Erste, was mir dazu einfiel, war das Beratungsunternehmen, das eine New Yorker Freundin kürzlich gegründet hat: „Es geht da-

Wir brauchen Träume! Alber Elbaz ist der hochgeschätzte Designer von Lanvin, ein begnadeter Redner und Komödiant. Bei der Luxus-Konferenz von Suzy Menkes und Condé Nast in Florenz sprach er gewohnt lustig über ein ernstes Thema. Hier ein Auszug

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rum, den Leuten beizubringen, wieder in kleineren Dimensionen zu denken.“ Wir haben das Event in Dubai auf unsere Art gemacht. Es war keine Penthouse-Party im 99. Stockwerk mit Blick auf Wüste und Meer. Es war eine Gartenparty unter freiem Himmel mit viel Körperwärme. Es war echt heiß. Wir hatten 200 Kundinnen eingeladen, es kamen 400 – und sie brachten ihre Ehemänner mit. In drei Stunden habe ich 387 Selfies aufgenommen: mit den Damen, mit den Damen und ihren Ehemännern, dann mit den Damen und ihren Freundinnen. Es nahm kein Ende, aber es war toll. Danach traf ich den CEO von Van Cleef und sagte: „Nicolas, ist dir klar, dass von 60 Kundinnen, die wir in Dubai getroffen haben, 45 Schmuck von Van Cleef trugen?“ Und er sagte: „Nun, dann müssen wir die restlichen 15 auch noch kriegen.“ Ich fand, dass die Antwort sehr typisch ist für einen CEO. Designer haben es zurzeit nicht leicht. Sie sollen eine Idee haben, inspiriert sein und dann den Taschenrechner rausholen. Doch wir brauchen Träume, eine Vision. Wir müssen wissen, wovon die Menschen morgen träumen. Als ich vor vielen Jahren anfing, ging es in den Gesprächen über Design darum, ob es gut oder schlecht oder schön ist. Heute sprechen wir von „intelligentem Design“. Vor drei Tagen flog ich nach Paris. Die Stewardess erklärte, dass sie jetzt „intelligente Sitze“ in der ersten Klasse hätten. Meine Güte! Die hatten drei Tasten an der linken Seite, auf der rechten gab es einen abnehmbaren Bildschirm, und die Stewardess sagte: „Sie brauchen nur zu navigieren.“ Und ich dachte bei mir: Ich bin aber kein Navigator! Der Pilot soll uns einfach sicher nach Paris fliegen, und ich möchte hier nur sitzen, ein Buch lesen und meine Füße hochlegen. Als ich zum achten Mal die Stewardess um Unterstützung bitten musste, dachte ich: Lass es lieber, sonst ist dein Ruf dahin. Also tat ich einfach, was der Sitz von mir wollte.

Vor etwa einem Jahr arbeitete Iris van Herpen bei mir im Atelier und verwendete einen intelligenten Stoff. Alle waren total begeistert, weil es ein Hightech-Material war und eine Innovation. Es war nicht besonders teuer – eigentlich war es sehr, sehr günstig –, aber es war ein schönes Material. Im Endergebnis kostete das fertige Kleid doppelt so viel wie üblich, denn wir mussten alles per Hand nähen. Die herkömmliche Nähmaschine hat den Stoff völlig zerfetzt. Außerdem musste die Näherin Gummihandschuhe tragen. Sie sagte, dass sich der Stoff wie menschliches Haar verhalte und sie ihn nicht richtig festhalten könne. Wir brauchten fünf Tage, um ein Stück fertigzustellen, für das wir normalerweise zwei Tage gebraucht hätten. Nicht jede Innovation funktioniert tatsächlich. Manchmal ist das Ergebnis enttäuschend, aber es ist wichtig, Teil dieses kreativen Prozesses zu sein – an die Möglichkeiten von Innovation zu glauben und weiterzuexperimentieren. Bei Azzedine Alaïa war ich in Paris zu einer Party anlässlich des iWatch-Launches eingeladen. Er veranstaltet die besten Dinner-Partys in ganz Paris. Alle haben Spaß und sind glücklich; das Essen ist großartig. Ich kam zu spät – viel, viel zu spät. Und ich sah die ganzen Vertreter unserer Branche da sitzen, hatte eine Außenperspektive auf den Raum, weil ich nicht an einem Platz saß. Unsere Branche, die Modebranche, wirkte ein bisschen müde, verwirrt, gestresst und nervös. Aber die anderen, die Jungs von Apple, Mann, sahen die sexy, glamourös und gut aus! Die hatten Spaß! Auf dem Weg nach Hause musste ich weiter darüber nachdenken: Wie ist es dazu gekommen, dass die Technologie der Mode den GlamourRang abgelaufen hat? Wir Modeleute können Gefühle erschaffen, und zwar mit ganz einfachen Mitteln: Wir brauchen nur Stoff, eine Näherin, Nadel und Faden, ein wenig Liebe und Zeit. Wir leben heute in einer sehr bildbezogenen Welt. Es ist die Welt von Instagram und Facebook. Jeder muss fotogen sein. Wenn ich heute am Anfang meiner Karriere stünde, dann hätte ich ganz sicher keine Karriere vor mir! Ich meine, seht mich an: Kein bisschen fotogen! Jedes Foto, das wir aufnehmen, posten wir. Und wir sehen nicht, wir hören nicht zu, sondern wir denken. Früher habe ich designt und mir dann mein Design angesehen und meinen eigenen Augen getraut. Heute gucke ich auf den Bildschirm und entscheide so, was gutes und was schlechtes Design ist. Aber nicht alles, was am Bildschirm toll aussieht, sieht auch in Wirklichkeit gut aus. In der Modebranche produzieren wir heute acht oder noch mehr Kollektionen pro Jahr, aber das Prinzip selbst bleibt unverändert. Wir sollten keine Angst vor Veränderungen haben, sondern furchtlos unsere Tradition in Ehren halten. Und vielleicht besteht unsere Aufgabe als Designer heute darin, Vergangenheit und Zukunft, Tradition und Innovation zu verbinden. Und wenn wir intelligente Produkte schaffen, sollten wir darauf achten, dass sie ein bisschen weniger verkopft, ein bisschen weniger kalt sind. Denn wir Menschen treffen Kaufentscheidungen zwar in unseren Köpfen, doch wir lassen uns dabei meistens von unseren Herzen leiten. Wir brauchen mehr Schönheit, mehr Gefühl, mehr Zusammenarbeit, mehr Körperwärme. Und vielleicht müssen wir einander einfach ein wenig mehr lieben.

ILLUSTRATION: ICON

ESSAY

MÉTIERS D’ART

Das muss man erst einmal können: Eine Couture-Kollektion auf Tracht aufzubauen, ohne dass es kitschig wird. Karl Lagerfeld ist das mit der „Paris-Salzburg“Hommage an die Chanel-Ateliers gelungen. Jetzt ist sie erhältlich. Allein die Ohrschützer aus Haarschnecken!

Kollektion, die er im Dezember im Schloss Leopoldskron zeigte, deshalb so besonders gelungen. Uns hat sie zu dieser Collage inspiriert. Wir baten Karl Lagerfeld, uns dafür den Rahmen vorzugeben.

ZEICHNUNG: KARL LAGERFELD, FOTOS: CHANEL, GETTY IMAGES, WIRIMAGES,DPA,DPA/PA,AKG, GOURMET CONNECTION; MONTAGE: ICON

Als Kind war Karl Lagerfeld mit seinen Eltern häufiger in Salzburg, wurde bei Lanz in kleine Janker und Lederhose gekleidet. Eine glückliche Zeit war das. Womöglich ist diese

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FOTOGRAF: KRISTIAN SCHULLER S T Y L I N G : N A D I A R AT H ; M O D E L : K AT R I N T H O R M A N N C / O S U P R E M E M A N A G E M E N T; HAARE & MAKE-UP: FUMIAKI NAKAGAWA C / O THE WALL GROUP; FOTO-ASSISTENZ: LENNART ETSIWAH; STYLING ASSISTENZ: JANELLE OLSEN; PRODUKTION: ISABEL SCHARENBERG; R E Q U I S I T E & S Z E N E N : P E G G Y S C H U L L E R ; P R O D U K T I O N S A U F S I C H T: R I C H G I L L ; PRODUKTIONS ASSISTENZ: KRISTINE FAMBROUGH; CASTING: ANDREA DEANESI; VIELEN DANK AN ITO-MOVERS.DE

D I E W Ü S T E B L Ü H T NICHTS STEHT IN GRÖSSEREM KONTRAST ZUR ZIVILIS ATION A L S D I E S T E P P E. D E S W EG E N W I R K T D E S I G N H I E R B E SO N D E R S G U T. WIR SIND NACH NEW MEXICO GEFAHREN, IN DIE WHITE SANDS. UND UNSERE SOMMERMODE LEBTE RICHTIG AUF

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Etuikleid mit Rüschen von Sport Max

Sportliches Maxi-Kleid mit kurzen Ärmeln und asymmetrischen Netzeinsätzen. Alles von Alexander Wang

Katrin trägt ein schlichtes Etuikleid von Calvin Klein. Besonderes Detail: die Metallringe an den Trägern

32 Kleid von Ralph Lauren und Schuhe von Tory Burch

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Sweater: Michael Kors. Hose: Schiaparelli. Schuhe: Santoni

Rechte Seite: Katrin trägt ein Spitzenkleid von Rochas. Darunter ein Petticoatkleid und einen Faltenrock von Brunello Cucinelli. Ohrringe: Jenny Packham. Schuhe: Salvatore Ferragamo

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Langes Kleid mit aufgenähten Blättern von Giambatista Valli. Top: Jason Wu. Schuhe: Giorgio Armani

Oben: Transparenter Rock mit Lochmuster von Talbot Runhof und Schuhe von Steiger for Akris Unten: Kleid von Christian Dior. Shorts: Jil Sander. Gürtel: Dior. Sandalen: Cos. Armreif: Cornelia Webb

Rechte Seite: Wir sehen Rot, wo eigentlich alles Weiß ist. Bolero-Jacke mit aufgenähten Pailletten von Burberry. Kleid, Armreifen, Kette und Gürtel: Chanel

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Kleid aus Rippenstrick mit Keileinsätzen aus Netz von Ferragamo und Schuhe von Hugo Boss

Eigentlich gibt es keinen Ort, der weiter entfernt von der Mode wäre als eine Wüste. Wo es ums Überleben geht, kann sich der Mensch kaum darüber Gedanken machen, ob sein Erscheinungsbild zeitgemäß ist. Gerade deswegen faszinieren große Roben als Ausdruck der Zivilisation in den kargen Sandlandschaften ganz besonders. Der Kontrast könnte nicht größer sein. Also machten sich Fotograf Kristian Schuller und die Stylistin Nadia Rath und ihr Team auf in den Südwesten der USA. Dorthin, wo noch keine Touristenhorden die Natur mit ihren Augen aufgefressen haben, weil es tatsächlich sehr ursprünglich zugeht. Und wir denken: Selten sind die Gegensätze besser eingefangen, selten die Schönheit der menschlichen Kreativität und die Gefahren der Natur besser inszeniert worden. Auch wenn Sie mit den Kleidern natürlich genauso gut in der Großstadt aussehen.

40 Jumpsuit aus Spitze mit Glitzerknöpfen von Emanuel Ungaro. Schuhe: Bottega Veneta. Ohrringe: Dolce & Gabbana

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Sie ist altbewährt und wirkt trotzdem immer wieder neu und frisch: Die Kombination aus Weiß und Blau. Eine sommerliche Auswahl für die schönste Jahreszeit 13

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FUSSLÄUFIG

Flachgelegt In diesem Sommer wird es uns nicht leicht gemacht: spitze Mules, klobige Clogs oder bis zum Knie geschnürte Römersandalen? 6

Machen nicht immer die Beine schön. Dafür hält sich ein Trend, der bestens zu

1. Blaue Stunde: Uhr von Dior. 2. Ferien-Feeling: Badeanzug von Orlebar Brown. 3. Musterhafte Beine: Jeans von Paige Denim 4. Fishing for Compliments? Ja! HaiKette von Cada. 5. Himmlisches Design: Das CropTop von Each x Other gibt’s bei reyerlooks.com. 6. Nimm zwei: Two-ToneTasche von Prada. 7. Azzurro! Brille von Lui Jo. 8. Musterschülerin: Ensemble von Hugo Boss. 9. Einfach Spitze! Kleid von Valentino. 10. Blaupause: Rock und Top von Tory Burch. 11. Feuer und Flamme für die Kerze von Hermès. 12. Ganz und gar nicht kleinkariert: Outfit von Oscar de la Renta. 13. Comfort Zone: Shorts und Top aus weichem Jersey von Bottega Veneta

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warmem Wetter passt: flache Schuhe.

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1. Der charmante Hippie-Look kommt aus dem Hause Etro. 2. Glamour pur: Strass-Sandalen von Fendi. 3. Lassen Sie sich ruhig einwickeln: Schnürsandalen von Stuart Weitzman. 4. Go for Gold: Flats von Hugo by Hugo Boss. 5. Die zarteste Versuchung kommt von Salvatore Ferragamo. 6. Nietlich! Rockige Riemensandale von Christian Louboutin. 7. Graphic Novelty: Gemustertes findet sich bei Louis Vuitton. 8. Fröhlich durch den Sommer: Schuhe von Tory Burch. 9. Feinstes Blattwerk gibt’s von Charlotte Olympia. 10. Simple Sinnlichkeit: Sandale von Sergio Rossi. 11. Schick gewickelt: Zehensandale von Santoni. 12. Edelfeder: Schuhe von Brunello Cucinelli. 13. Safari auf dem Zebrastreifen gibt’s bei Jimmy Choo. 14. Einfach fesselnd: Sandalen von Chanel. 15. Romantik darf gern mal platt sein: Flats mit Schnörkeln von Unützer. 16. Kleine Kunstwerke: Die Sandalen „Cara Frida“ von Rupert Sanderson gibt es über Stylebop.com

ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER

Eine Auswahl der schönsten Modelle der Saison

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GEBURTSTAG

Der Meilenstein Seit 40 Jahren versorgt Giorgio Armani die Welt mit Eleganz. Nie DAVIDE LOVATTI; ARMANI(2)

ließ er sich beirren. Zum Jubiläum hat er sich und seiner Heimat Mailand nun ein Museum geschenkt

Sein Stil: Der Designer mit einem Model im Museum „Armani/Silos“, oben die erste Etage. Unten das Treppenhaus im neuen Mailänder Store

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anz zum Schluss, nach etwa zweieinhalb Stunden, in denen Giorgio Armani eine kleine Gruppe von Journalisten durch alle Etagen seines neuen Museums geführt und viel erzählt hatte, von den Looks, vom Gebäude, von den Anfängen, von seiner Art zu arbeiten, ja, von seinen Gefühlen, wir dann mit ihm über die Strasse in sein „Teatro“ gewandert waren und in den extra für diesen Abend neu aufgebauten Sesseln Platz genommen hatten, während er davor stand wie ein Zeremonienmeister und er wieder ausführlich erklärt hatte, wie die Jubiläums-Show und die Videoinstallation und die Musik aufgebaut sein würden und er über die Hollywood-Freunde, Aufregung und sein bevorzugt zurückgezogenes Leben im Privaten gesprochen hatte und dass er ja schließlich über 80 sei, da drängte sich die Frage irgendwie auf: War es das jetzt? Für einen Moment stutzte er. Und sagte dann, lächelnd und kopfschüttelnd zugleich: „Würde ich jetzt hier so zu Ihnen sprechen, wenn es das Ende wäre?“ Zugegeben, eine komische Frage. Nicht nur, weil Giorgio Armani so alterslos ist wie Karl Lagerfeld, blendend aussieht und hellwach ist sondern weil er auch genauso wenig wegzudenken ist aus dem Modekosmos. Armani ist Armani, wer ihn je ersetzen könnte? Die Antwort ist unausgespro-

chen klar: keiner. Und so denkt auch keiner lange darüber nach, am wenigsten er selbst. Er hat alles selbst aufgebaut, alles gehört ihm, das ganze weltweite Imperium, nie hat er sich von Moden beirren lassen in seinem Stilempfinden, und es gibt wahrscheinlich Nichts im Unternehmen, das er nicht weiß. Giorgio Armani hat diese Aura, die Menschen mit den Augenbrauen steuern zu können. Er ist kleiner, als man wahrscheinlich denkt. Und lustiger. Und ja, auch er hat eine Katze, Angel, die stets daheim auf ihn wartet. Schwarz, flauschig, unbekannt. Er isst lieber mit ihr, als dass er Gäste hat. Der Gegenentwurf zu Lagerfelds Choupette, allerdings nur zufällig, dabei gleichermaßen vom Besitzer geliebt. Was man sonst mit dem Namen Giorgio Armani verbindet, entspricht der Erwartung. Seine persönliche Eleganz, seine Perfektion, seine Nähe zu Hollywood, die unbedingte Ästhetik, das Strahlen-können auf Kameraklick. All das war zu besichtigen, als er den 40. Geburtstag seines Unternehmens feierte. Passenderweise am Vorabend der Expo-Eröff-

nung, einem anderen Jahrhundert-Ereignis in Mailand. Angereist waren Gäste aus aller Welt – und auch Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi machte mit Frau und Tochter seine Aufwartung. Armani gehöre zum „Kapital Italiens“. Er meinte es nicht monetär. Gut abgeschirmte HollywoodStars sprechen nicht gern bei solchen Events, aber die Anwesenheit in der ersten Reihe sprach ohnehin für sich. Cate Blanchett, Leonardo DiCaprio, Hillary Swank, Pierce Brosnan, Glenn Close, Tina Turner und natürlich Sophia Loren und Claudia Cardinale. Unter anderem. Alles auch Kunden. Nur Richard Gere konnte nicht kommen. Mit dem Film „American Gigolo“ hatte dessen wie Armanis Karriere abgehoben, seither galt der Italiener als der Erfinder des CelebrityDressings. Doch es wäre albern, ihn darauf zu reduzieren. Das wird spätestens klar, wenn man vor dem imposanten Betonklotz an der Via Bergognone steht, gleich gegenüber vom Teatro Armani, wo die Schauen stattfinden, und den Büros. Der Klotz war mal ein Getreidesilo, vor ein paar Jahren hat Armani den 45.000 Quadratmeter großen Brocken gekauft und ihn in Vorbereitung auf das Jubiläum in ein Museum verwandelt, das über drei Etagen in Stoff, Bild und Technik von einer Karriere erzählt, die zum Kulturerbe Italiens gehört. „Armani Silos“. Den Namen hat er bewusst behalten. Mode sei schließlich Futter für die Seele. Es ist aber kein Museum im historisierenden Sinn. „Es ist ein Platz, den ich meiner Stadt schenke und wo ich meine Arbeit und Träume versammelt habe.“ Wo gern auch junge Designer gesehen sind. „Haben sie keine Angst vor Kopien?“ Die blauen Augen blitzen auf. „Wieso? Ich habe nichts zu verbergen.“ Es sind ja alles seine Originale. Im September kommt das große Buch. Es war zum Jubiläum nicht fertig, jedenfalls nicht perfekt. Er bleibt sich halt immer treu. Und IG die nächste Kollektion wartet schon.

GEBURTSTAGSSTRECKE

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Elegant, was sonst

Gäbe es einen Geigerzähler für Macht und Einfluss in der Mode, hier in der Via Borgonuvo 11 in Mailands Innenstadt würde das Gerät vermutlich heiß laufen. Von einem historischen Palazzo in dieser schmalen Seitenstraße lenkt Giorgio Armani bis heute die weltweiten Geschicke seines Imperiums. Wenn er es wollte, könnte er inzwischen vermutlich aus einer eigens entworfenen Skyline heraus agieren. Stattdessen herrscht auch im Hauptsitz genau jene Art von dezenter Eleganz, die sich seit vierzig Jahren durch die Kollektionen seines Labels zieht. Kein Element drängt sich in den Vordergrund – und doch ist jedes Detail und das Zusammenspiel der Formen ein Ausdruck von stilistischer Überlegenheit. Wenn also Armani anlässlich seines Jubiläums eine „New Normal“-Kollektion herausbringt, so sagt das sehr viel darüber aus, wie hoch die Messlatte für „Normalität“ im Hause Armani hängt. Und welches Frauenbild damit verbunden wird: Denn in der Mode wollen Frauen vieles sein – meistens nur nicht „normal“. Die Frau, die sich traditionell für Armani interessiert, ist so wenig Heimchen am Herd wie Show-Off-Girl. Die Teppiche, auf denen sie spazieren geht, sind selten rot. Eher geht es um die Auslegeware in ihrem Büro. Sie arbeitet hart, ihre Silhouette ist weich geblieben. In Armanis „New Normal“-Kollektion bilden warme Beige- und Cognactöne einen eleganten Kontrast zu kühlerem Grün und Blau. Ähnliche Farbkombinationen finden sich auch im Armani-Hauptsitz wieder, im Terrazzoboden, an den Wänden und den Fensterläden. Fast wirkt es, als hätte der Designer die Kollektion aus dem Sandstein herausgeschnitten, als hätte er Stein in Stoff verwandelt. Signore Armani, der auch privat in der selben Straße wohnt, ist unzählige Male über den Hof und durch die Räume gelaufen. Er ist Teil dieses Settings, er hat es verinnerlicht: „Die Kollektion ist die Essenz meines Stils, entworfen für moderne Frauen, die pragmatisch sind, feminin und aktiv.“ Wenn das die neue Normalität ist, wären wir gern dabei.

Durch und durch Armani: Model Roberta im Innenhof des Palazzos in der Via Borgonuovo

Seit vierzig Jahren macht Giorgio Armani Mode, seinem ganz eigenen Stil ist er immer treu geblieben. Den beliebtesten Looks hat er eine Jubiläums-Kollektion gewidmet, die jetzt in die Geschäfte kommt. Wir haben sie in Mailand fotografiert, im Hauptquartier, quasi beim Chef zuhause

FOTO: WOLFGANG POHN; STYLING & PRODUKTION: DANIEL SARTORE; HAARE & MAKE-UP: FRANCO CHESSA C/O WM MANAGEMENT MILANO; MODEL: ROBERTA CARDENIO C/O WHY NOT MODELS MILANO FOTOASSISTENZ: MARKUS KLOIBER; BILDBEARBEITUNG: MALKASTEN

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„ Eleganz ist das Gegenteil von Exhibitionismus. Sie ist heute rational, bequem, innovativ in der Fertigung und kommt ohne unnötige Extravaganz aus.” GIORGIO ARMANI

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ARCHIVI FOTOGRAFICI GAROLLA

Der Firmengründer grüßt in Öl, der CEO reißt Witze, und der Nachwuchs hat eine eigene Schule: So geht’s zu beim Global Player Kiton

Nennt mich einfach Stylomat: Der Regisseur Vittorio De Sica steckt sich im Vittoria-Tunnel eine Filterlose an – selbstredend im Maßmantel von Rubinacci

Nimm die Hände: Zuschnitt und Nähte werden bei Kiton nicht den Maschinen überlassen – und Maradona schaut zu

MASSARBEIT

Der Schneid Neapels Nichts kleidet den Mann im Sommer wie ein Anzug aus der Stadt am Fuß des Vesuvs. Aber wie ist es um die Schneiderei dort bestellt? Philip Cassier (Text) und Massimo Rodari (Fotos) begaben sich auf die Suche. Sie fanden mehr, als sie vorher zu hoffen gewagt hatten

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ünktlich, als im Konferenzraum die ganz alltägliche Langeweile auszubrechen droht, dreht der Unternehmensgründer die Situation. Seit einer knappen halben Stunde hängt Kitons Besuch aus Deutschland nun schon beschäftigungslos am langen, dunklen Holztisch herum; der CEO des exklusiven Herrenlabels ist im Gespräch, der dritte Espresso ist getrunken, da vernehmen die Ohren ein Surren. Augenpaare richten sich au die Tür – und da kommt er in seinem elektrischen Rollstuhl herein: Ciro Paone, das graue Haar sauber aus der Stirn gekämmt, eine dicke Hornbrille auf der Nase, einen makellosen grauen Flanell-Zweireiher mit breitem Revers am Körper. Seit ihn ein

Schlaganfall traf, ist Kitons Übervater teilweise gelähmt, er kann kaum mehr sprechen. Und doch reicht nun ein Blick in die Runde, dass alle ausschließlich auf ihn achten; ihn begrüßen, ihm die Hand schütteln wollen – oder küssen. Nichts davon geschieht aus Mitleid. In Paones Heimat Neapel mag der Begriff padrino oft genug Herren vorbehalten sein, die in den Geschäftsbereichen Mord, Drogen, Glücksspiel, Erpressung und Prostitution Erfolge feiern – aber nicht, wie er, mit hochwertigen Herrenanzügen. Doch es ist auch bei ihm unvorstellbar, dass je etwas passiert, das nicht exakt in seinem Sinne wäre. In weniger als 50 Jahren stampfte Paone sein weltumspannendes Lifestyle-Imperium buchstäblich aus dem Boden. Ein Mann aus dem Reich der unbegrenzten

Ambitionen, herrisch und bescheiden zugleich, der jede bequeme Durchschnittlichkeit um sich herum jedes Mal vorantrieb, immer neuen Zielen entgegen. Er kommt noch regelmäßig in sein Hauptquartier mit Lichthof, Holzvertäfelungen und kleinen Altären, die hier Krippen heißen. Die Hälfte der mittlerweile mehr als 700 Mitarbeiter hat Paone in Neapel stationiert, er kennt sie alle, von der Näherin bis zum Koch. Zweimal muss dieser Pate nun ansetzen, sein Gesicht verzieht sich, erst dann bekommt er ein Wort heraus: „mangiare“. Augenblicklich setzt sich alles in Bewegung zur Kantine. Dort wird der Mann, der am Eingang in Öl gemalt grüßt, im schlichten Ambiente mit der offenen Küche im Kreis der engsten Mitarbeiter weiße Bohnensuppe zu sich nehmen und Pasta mit Tomatensoße. Alles marktfrisch, versteht sich, und zum Schluss umarmt Paone seinen Neffen, den CEO Antonio De Matteis. Ein Wink: Die Tafel ist aufgehoben. Überall auf der Welt gehört mehr zur Mode als das Wissen um Schnitte und Verarbeitung. Doch wer in Neapel überleben will, muss im Zwischenmenschlichen ein Genie sein. „Ein Paradies, bewohnt von Dämonen“, so fasste Goethe die Seele der Stadt Ende des 18. Jahrhunderts zusammen. Viel weiter sind sie seither nicht gekommen. Vielleicht liegt es daran, dass sie in der Nähe des Vesuvs leben: Der Vulkanausbruch, die ultimative Katastrophe, ist gefühlt jederzeit möglich. Vielleicht liegt es auch daran, dass in dieser Stadt, seit die alten Griechen sie gründeten, so ziemlich jeder mal vorbeigeschaut hat, der über ein Weltreich herrschte: Römer, Spanier, Engländer, Amerikaner. Durchsetzen konnte sich keiner hier, wo der Blick aufs Mittelmeer übermenschlich

schön werden kann. Neapel steht auf einem ausgehöhlten Fundament. Man brauchte die Steine zum Wiederaufbau nach den Bombardements im Zweiten Weltkrieg, die Alliierten kamen über diese Stadt ins Land. Wer an so einem Ort lebt, der glaubt an Gott, an Schutzheilige und notfalls an Fußballer, an Vernunft und geschriebene Regeln glaubt er nicht. Viele Neapolitaner schwören, das Chaos auf ihren Straßen entstehe nur, wenn die Polizei auftauche. Hier kann sich auch niemand hinter angelsächsischer Ironie verstecken – das eine zu sagen und das andere zu meinen, dafür fehlt der Platz in den engen Gassen, wenn alle mal wieder kollektiv im Rausch sind oder am Abgrund taumeln. Als im Januar Pino Daniele starb, der dieses Leben in seinen Liedern mit seiner Mischung aus Blues, Rock und Belcanto besang, zogen Zehntausende weinend durch die Straßen. Alles ist persönlich: Unmöglich, einen Kaffee abzulehnen – und weil jeder einen anbietet, rennt man bald selbst wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch durch diese Millionenstadt, die wächst und wächst. Du und ich, mein Freund, mein Feind, es gibt kein Entrinnen. Und so überhäufen sie einander mit Zuneigung oder bringen sich um, und so sitzen sie im Garten Eden und versinken im Müll. Für Schneider ist das wie gemacht. Kaum ein Gegenstand ist persönlicher als ein Anzug, der der eigenen Anatomie folgt, kaum jemand lernt seine Kunden so genau kennen wie dieser Berufsstand; Schneider dürfen ihre Klienten sogar berühren. Da wundert es nicht, dass Kitons Antonio De Matteis beim Besuch in der

großen Produktionshalle am Rand der Stadt stets von der Individualität seiner Produkte spricht. Die Angestellten arbeiten unter den Neonröhren so nah an den Methoden eines Ateliers, wie es geht. Der Zuschnitt, die Nähte, Dinge wie Knopflöcher: So viel wie möglich fertigen sie per Hand. Je filigraner es wird, desto eher sind Frauen am Werk, sie haben weichere Hände. Auf einem Stück Vikunja hat Enzo Grassia mit Schneiderkreide die Teile eines Jacketts aufgezeichnet, es wird zu einem 12.000-Euro-Anzug gehören. Er schneidet nach den Maßen des Kunden – das bedeutet, die Musterschablonen aus Packpapier hat er vorher angepasst. Die Augen hinter der dicken Brille zu Schlitzen zusammengekniffen, handhabt er das Monster von Schere fast beiläufig: „Ich darf nicht nachdenken, sonst werde ich nervös“, sagt der 41-Jährige, dessen Vater bereits Schneider war. Hinter ihm an der Wand grüßen die Heilige Jungfrau und Diego Maradona: Die eine behütet alle, der andere beglich auf dem Fußballplatz einige Rechnungen mit dem Norden – persönlich selbstredend, in seiner Mannschaft gab es sonst keinen herausragenden Spieler. Daneben steht De Matteis, zwinkert schalkhaft mit seinen braunen Augen und reißt auf Neapolitanisch einen Witz. Nur wer hier aufwuchs, wird ihn verstehen. Mehr als 20.000 Anzüge entstehen jedes Jahr auf diese Art. Das neapolitanische Jackett ist für seine besonders weiche Verarbeitung und viele Stiche bekannt: Das Revers, die aufgesetzten Seitentaschen und die bootsförmige Brusttasche werden doppelt umstochen, die Der Marmor ist echt – und der Hund heißt wie das Unternehmen

Schulter ist ungepolstert, sodass am Ärmelansatz Knitterfalten zu sehen sind. Was sie hier nähen, ist der Gegenentwurf zur englischen Schule. Wo sie in London mit Steifleinen-Einlagen und Wattierungen eine Struktur schaffen, die den Mann buchstäblich ausrüstet, dreht sich in Neapel alles um Leichtig- und Geschmeidigkeit. Wenn man Weihnachten auf der Terrasse feiern kann, braucht man keine Rüstung, so simpel ist das. „Der englische Anzug trägt seinen Besitzer, bei uns trägt der Besitzer den Anzug“, sagen sie in Süditalien. 3 Bei Kiton ist man inzwischen darauf

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Gründer Gennaro Rubinacci wacht an der Wand, sein Sohn Mariano nimmt einen Auftrag an, in der Werkstatt über dem Showroom arbeiten rund 40 Schneider – und das Unternehmen gilt weltweit als Inbegriff des neapolitanischen Stils

Mariano Rubinacci kümmert sich um die Stores in Neapel und London – doch auch in Mailand und Tokio ist man mit Geschäften vertreten Bei dem Blick arbeitet es sich gut: Chefschneider Andrea Covone begann als Junge, Chef Mariano Rubinacci zeigt die gekräuselte neapolitanische Schulter – und für besondere Stoffe haben sie einen Tresor

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3 angewiesen, nicht zu neapolitanisch zu wirken, sie verkaufen ja weltweit. Weich und fließend sind die Stücke zwar – aber doppelten Umstich an Revers und Taschen beispielsweise wird man vergeblich suchen. Speziell in England mögen manche in den traditionellen Schneidereien das Label trotzdem nicht sonderlich. Man hört, Kitons Anzüge hätten für die beachtlichen Preise – ab 5000 Euro geht es aufwärts – zu wenig Innenleben. Das kommentiert hier selbstredend niemand. Aber unausgesprochen steht die Frage im Raum: Liebe Engländer, wenn ihr so schlau seid und wir so blöd – warum macht dann unser Store in London-Mayfair gute Erlöse, während von euch bei uns nichts zu sehen ist? Doch auch so große Erfolge sind für Kiton längst nicht mehr genug. Unendliche Ambitionen brauchen ständig Futter: Geschichten von den edelsten Stoffen, dem besten Service, von Hemden, bei denen jedes Knopfloch per Hand genäht wird, von Sportswear, von einer Schneiderschule, in der 20 Nachwuchskräfte das Handwerk erlernen; von handgemachten Schuhen, einer eigenen Weberei und auch von einer Damenkollektion. Für sie zeichnet Maria Giovanna Paone verantwortlich, die Tochter des Gründers. Im Mittelpunkt steht – wie könnte es anders sein – das Jackett. Die Paones tragen den Namen der Stadt damit in jeden Winkel des Planeten. Das respektiert in Neapel jeder. Doch lässt sich behaupten, dass diese Marke nie ein Schneiderbetrieb im klassischen Sinn war. Ein Kiton-Anzug kommt zum Kunden, beim Schneider kommt der Kunde zum Anzug. So definiert beispielsweise Mariano Rubinacci den Unterschied zwischen Konfektion und dem, was sein Haus tut. Von den Maßschneidern der Stadt ist Rubinacci der berühmteste – und das vermutlich, seit Marianos Vater Gennaro das Atelier 1932 gründete. Es könnte daran liegen, dass Gennaro nicht etwa Schneider war, sondern der Spross einer Familie aus dem Seidengeschäft. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert stand Neapel in Sachen Genusssucht, Dekadenz und Schwelgerei Paris oder London in nichts nach; etliche Klubs, Salons und um die 400 Schneidereien sind Beleg genug. Unter den Reichen war Gennaro Rubinacci, oder „Bebe“, wie sie ihn riefen, der eleganteste. Obwohl er nie nach London kam, studierte er besessen den Stil der englischen Dandys, damals das Maß aller Dinge. Seine Bekannten – und er hatte viele – holten dementsprechend in Stilfragen seinen Rat ein. Bis er erkannte, dass er sie doch am besten in einem eigenen Laden empfangen sollte; mehr als Hobby denn als Einnahmequelle, ein reines Geschäft wäre ihm zu profan gewesen. London House taufte er sein Unternehmen, immer dem Sehnsuchtsort nach. Und sie kamen. Die Einheimischen ohnehin, die Ausländer notfalls mit ihrer Yacht übers Meer – und wo sie gerade da waren, bestellten sie gern gleich mal 100 Anzüge. 50 für den Sommer und 50 für den Winter, denn bei Rubinacci beherrschten und beherrschen sie beides: das leichte, nur halb gefütterte Jackett für den Sonnenschein und den schweren Tweed für die kalten Tage. So gewaltig war der Ruf des London House, dass selbst der Zweite Weltkrieg ihn nicht zerstören konnte. Als Gennaro Rubinacci 1961 unerwartet starb, hinterließ er Mariano ein prosperierendes Unternehmen. Heute liegt das helle Geschäft mit der Werkstatt darüber in einem Palazzo im Zentrum der Stadt, ganz in der Nähe zu den

großen Hotels mit Meerblick. Aus der Zeit Gennaros stammt der Brauch, das Etikett mit den Buchstaben „LH“ für London House in den Rücken einzunähen. Dort also, wo es niemand sehen kann, ein alter englischer Brauch. Mariano Rubinaccis Gesicht allerdings bekommt hinter der runden Brille einen leicht grüblerischen Zug, wenn er an seine Anfänge denkt. Er ist nicht ganz so der Typ padrino wie Ciro Paone, aber man merkt, dass er sich bereits als junger Mann Respekt verschaffen musste: Gerade 18 Jahre war er alt, als sein Vater starb. Die Schneider witterten die Gelegenheit, nun unter der Hand Anzüge aus dem Atelier günstiger zu verkaufen und das Geld für sich zu behalten. Dazu kam bald die Konfektion auf, reine Maßschneiderei war kaum mehr einträglich genug. Mariano Rubinacci musste schnell reagieren. Was er tat, erzählt viel über ihn: Er beschloss, sich zuerst London anzusehen, die Stadt, die sein Vater nicht kannte. Ohne ein Wort Englisch zu sprechen, setzte er sich in die BritishAirways-Maschine. Deshalb verpasste er die Ansage, dass der Flughafen wegen schlechten Wetters geschlossen sei und man nach Manchester umgeleitet werde. Erst nachdem dort der dritte Taxifahrer nichts mit der Adresse des Hotels am Leicester Square anfangen konnte, fand er jemanden, der ihn in einen Zug setzte. In London angekommen, entdeckte Rubinacci auf der Savile Row viel Traditionspflege und in Soho den Sound der neuen Zeit. Derart inspiriert, ging es zurück. Seither hat er das Unternehmen immer wieder neu ausgerichtet, bis es als Sinnbild für den leichten Anzug aus Neapel galt. „Man muss begreifen, dass es ein Geschäft ist, in dem es keine Perfektion gibt und in dem Zeit keine Rolle spielen darf“, sagt Mariano Rubinacci vor dem großen Spiegel im Anproberaum. Ein Kunde bringt gerade einen Frack aus dem Jahr 1937 vorbei, er möchte das Stück gern restaurieren lassen. Das ist selbstredend

kein Problem. Rubinacci fährt mit leiser Stimme fort, er könne nicht sagen, wie viel Arbeit ein Anzug mache. Also bestimmt mehr als 50 Stunden (bei Kiton sind es 25); aber die Änderungswünsche der Kunden bei den Anproben gingen sehr weit auseinander, es lasse sich also nicht präzise kalkulieren. Ein RubinacciStück entsteht ganz traditionell: Den Kunden vermessen, ein Muster des Körpers in Pappe und den Stoff per Hand schneiden, alles vorläufig zusammennähen, erste Anprobe, auseinandernehmen, ändern, wieder zusammennähen, zweite Anprobe, wieder ändern, erst dann alles mit der Hand fertig nähen und letztmalig bügeln. Rubinaccis Zuschneider Andrea Covone, ein 73-Jähriger mit eisgrauem Haarkranz, erläutert, Perfektion sei gar nicht erwünscht: „Maschinen arbeiten perfekt. Das ist immer gleich. Wir wollen etwas Unverwechselbares schaffen.“ Wobei dem Unperfekten aber überaus enge Grenzen gesetzt sind: Mariano Rubinacci nennt seinen Chefschneider sicher nicht umsonst einen „Folterknecht“. Was passiert, wenn man vor diesem Typen mit einem verpfuschten Teil auftaucht, das möchte man sicher nicht erleben – speziell hier, wo ja alles so persönlich zugeht. Rubinaccis Ansatz aber scheint zu funktionieren: Längst ist er nicht nur in Neapel, sondern auch in Mailand, Tokio und London mit eigenen Geschäften vertreten, seine Angestellten reisen mit Schrankkoffern voller Maßkleidung zu Kunden in alle Welt. Sohn Luca, er betreibt das Geschäft in Mailand, repräsentiert die nächste Generation: 20.000 Follower hat er bei Instagram, sein Lifestyle-Blog gehört zu den weltweit prominentesten – und er hat eine kleine Kollektion initiiert. Die Anzüge, ebenfalls im Atelier gefertigt, sind ab 2500 Euro zu haben, für die Hälfte eines Stücks nach Maß also. Bebe Rubinacci hätte das wohl gefallen. Mit Blick auf die beträchtlichen Preise seines Unternehmens bemerkte Ciro Paone einmal, niemand müsse viel Geld ausgeben, um gut angezogen zu sein. Tatsächlich bemerkt man auf den Straßen die hohe Dichte herausragend gekleideter Männer. Unmöglich können die alle genügend Geld für Kiton oder Rubinacci haben – auch 3 ein Label wie

Dieses Lachen kann man nicht nachmachen: Maurizio Marinella mag Roller – und seine handgemachten Krawatten mag jeder stilbewusste Mann

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Er kennt sie alle: Gianluca Migliarotti (o.) drehte einen Film über die Schneider Neapels – er empfiehlt Ware aus den Ateliers Formosa (u.) und Pirozzi (r.)

3 Cesare Attolini wäre hier noch zu nennen. Wie das geht? Ein ausgezeichneter Ort, es herauszufinden, ist der Krawattenladen von Maurizio Marinella. Sicher kein Geheimtipp, denn obwohl der Eingang an der Promenade leicht zu übersehen ist, führt Marinella die Geschäfte in dritter Generation und feierte 2014 hundertjähriges Bestehen. Er arbeitete auch schon für Herren mit Nachnamen wie Clinton, Bush und Berlusconi. Doch wenn es um faire Preise geht, ist er konkurrenzlos: Seine Seidenkrawatten können einen verschnittenen Anzug passabel aussehen lassen – und sie kosten, von Frauenhand nach Maß gefertigt, um die 100 Euro. Gratis gibt’s eine Behandlung, als gehöre man zur Familie. Marinella ist ein Mann, der prinzipiell 20 Worte für seinen Kunden hat, wo drei reichen würden – und doch ist keines zu viel. Vor Weihnachten, wenn sie auf der Promenade Schlange stehen, schafft der leicht korpulente Mann mit der Halbglatze heiße Schokolade aus dem Café nebenan heran. Für seine Angestellten kommt jeden Tag ein Koch, damit alle zu Mittag essen können. Wenn du einen Arzt brauchst oder einen Schneider, dann frag ihn einfach, sagen seine Angestellten, einige sind schon seit Jahrzehnten bei ihm. Marinella wird einen zu Nunzio Pirozzi schicken. Dessen Atelier ist das Gegenteil jedes Flagshipstores: Man rumpelt mit einem antiken Holzfahrstuhl hinauf in den vierten Stock, klingelt – dann wartet der Chef hinter einer alten Holztür. Er ist schon über 70, trägt Schnurrbart und legt sofort los: Unbedingt möchte er vorführen, wie man einen Anzug auch ohne Schnittmuster in Packpapier konstruieren kann. Winkelmaß und Schneiderkreide rasen unter seinen manikürten Hän-

den über den Stoff, wobei er ununterbrochen redet. Wie so viele seiner Generation fing Pirozzi bereits als Kind an – „ohne Leidenschaft bist du verloren“. Stunde um Stunde mit Nadel und Faden, bis die Augen zufielen. Bei seiner Stoffauswahl erlebt der Kunde, wie schon bei Rubinacci, eine Überraschung: Die meisten Fabrikate kommen aus England und Schottland. Italienische Ware, sagt Pirozzi, sei eher für die Verarbeitung durch Maschinen gewebt. Britische Wolle habe dagegen genug Stand für die Hände – und „tutto fatto a mano“, das ist nun mal das Glaubensbekenntnis, wie jede Naht beweist. In Maestro Pirozzis Werkstatt ist der 75-jährige Pasquale Jovine für die Hosen zuständig. Man sieht in Neapel viel Personal, das jenseits der Rentengrenze arbeitet. Wohl auch arbeiten muss, denn wer einen derart arbeitsintensiven Maßanzug für weniger als 2000 Euro anbieten will wie Pirozzi, der kann keinen Reichtum anhäufen und zahlt entsprechend. Hinzu kommt, dass selbst Marinella und Pirozzi kaum mehr Nachwuchs finden. Noch so ein neapolitanischer Widerspruch: Die Jugendarbeitslosigkeit ist horrend. Pirozzis Situation kann man noch halbwegs komfortabel nennen: Sein Sohn Domenico, er absolvierte Kitons Schule, und seine Tochter Giovanna arbeiten bei ihm. Außerdem ist die 21-jährige Raffaella zu ihm gekommen. Die ersten Monate waren die härtesten: Nichts zu können, kaum zu verdienen und ständig korrigiert zu werden, das muss man erst einmal aushalten. Doch Raffaella hat sich entschieden durchzuhalten. Immerhin hat sie dann am Ende der Ausbildung etwas gelernt, auf das sie aufbauen kann, als Schneiderin oder Designerin. Doch auf dem Vormarsch sind die Schneider auch in Neapel nicht mehr. Die Nachwuchskrise sorgt dafür, dass die Namen guter, bezahlbarer Spezialisten in den Ateliers genauso gehandelt werden wie bei den Kunden. Man kennt jemanden, der jemanden kennt, der wieder gehört hat ... Über diese Umwege kann man beispielsweise in ei-

Kleiner Laden, ausgezeichnete Hemden: Ciro Paradisos Geschäft gilt als sicherer Tipp für ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis

Da ist was los, wenn man bei Maestro Pirozzi etwas anprobiert (l.). Im Atelier arbeiten Alt und Jung zusammen – doch Nachwuchs zu finden wird immer schwieriger

nen kleinen, dunklen Laden an der Promenade finden, in dem ein Mann namens Ciro Paradiso handgenähte Maßhemden für weniger als 100 Euro herstellt. Er bietet auch Blazer für rund 600 Euro an, die er in der Region anfertigen lässt. Da fällt jeglicher Zuschlag für den Namen des Hauses weg. Auf den günstigsten Weg zum handgearbeiteten Anzug weist der Regisseur Gianluca Migliarotti hin. Er, der den Schneidern seiner Heimat mit einem eigenen Film ein Denkmal setzte, stieß bei den Recherchen auf ein grausames Spiel, von dem Kunden profitieren können. Wie überall auf der Welt gehören Ausstände beim Schneider unter den Reichen Neapels zum guten Ton: „Seit wann muss man in dieser Stadt nun schon den Typen bezahlen, der einem den Anzug macht?“, fragte ein Edelmann einst ehrlich überrascht, als Eintreiber vor seiner Tür standen. So gut wie jedes Atelier hat deshalb einen „Toten Kleiderschrank“: Hier bewahren sie die Stücke auf, die nie ausgeliefert wurden. Ein besonders gut gefülltes Exemplar findet sich in der Sartoria Formosa, gelegen in einem Hinterhof. Und so ist aus diesem Frühling die Geschichte eines Fotografen und eines Journalisten aus Deutschland verbürgt, die dort mit feuerroten Ohren vor dem Spiegel Anzug um Anzug anprobierten. Alle Farben waren zu finden, Checks, Nadel- und Kreidestreifen, dazu Stoffe wie Flanell, Kaschmir, Kammgarngemische, Tweed, ein Garten Eden zum Bruchteil des Ursprungspreises. Bald fluchte der Journalist, die „dämlichen Südländer“ seien einfach „zu doof“ dazu, über eine Anatomie zu verfügen, die seiner so weit entsprochen hätte, dass man ein Stück auf ihn hätte abändern können. Der Fotograf aber zog zufrieden grunzend ein graues Flanell-Jackett hervor. Und spätestens beim Blick in den Spiegel war klar: Womöglich sorgen die Schneider in diesem Paradies, das von Dämonen bewohnt wird, persönlich dafür, dass Teufel wie Engel aussehen. Aber ohne sie wäre dieser Ort nur eine Stadt. Mitarbeit: Maria Stella Diana

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Bombastisch: Feste und gesunde Haut braucht natürliche Antioxidantien und Vitamine, die sie naturgemäß jedoch im Laufe der Zeit verliert. Das „Vitamin C Serum“ der schwedischen Marke Transderma soll da eine wahre Vitaminbombe sein und die Haut bis in die unteren Schichten versorgen. Über mdc-berlin.de

Ein Herz für Meer: Kaufen Sie, cremen Sie und tun Sie damit etwas Gutes. Klingt nach einer TraumKombi. La Mer hat zum diesjährigen World Oceans Day, der immer am 8. Juni stattfindet, zum siebten Mal in Folge einen limitierten und in diesem Jahr besonders hübschen Cremetiegel entworfen. Mit dem Erlös unterstützt die Marke des Estée Lauder Konzerns den Schutz der Weltmeere. Meerchenhaft!

Basisarbeit: Damit die leichte Bräune (hoffentlich demnächst wieder ) besonders gut zur Geltung kommt, ist glatte Haut wichtig. Peelings sind dafür das Mittel der Wahl. Aber bitte nicht die, die mit kleinen (Plastik-)Kügelchen die Haut an der Oberfläche aufkratzen. Enzympeelings sind die sanftere Methode. Noch besser: die „Osmopeel Mask“ von Matriskin. Sie reinigt gründlich aber fein und versorgt gleichzeitig die Haut mit Nährstoffen. Über wheadon.de

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SOMMERGRUSS Der Sommer ist meine liebste Jahreszeit, und als ParfümerieInhaberin weiß ich, wie wichtig die richtigen Pflegeprodukte gerade in diesen Monaten sind. Auch wenn es nicht an den Strand geht: Sonnenschutz ist Pflicht. Ein Produkt, das seit 2008 zum Standard-(Sommer-) Programm von Shiseido zählt, ist die „Tanning Compact Foundation“. Ich benutze sie in Nuance Bronze. Sie hat eine cremige Textur und leichte Deckkraft, LSF 6 (bei sehr empfindlicher Haut empfehle ich, unbedingt einen stärkeren Lichtschutzfaktor darunter aufzutragen). Ohne Feuchtigkeit geht ja eh gar nichts, da empfiehlt sich das „Hydra Beauty Micro Sérum" von Chanel mit Kamelienextrakten, die für Extrafrische sorgen. Mein Lieblingssommerduft? Ist auch von Chanel. „Chance Eau Tendre". Riecht, wie er klingt.

Doris Gabriel Inhaberin der Parfümerie „Gabriel“ in Berlin

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CONDE NAST ARCHIVE/CORBIS

Eigentlich ein ungewöhnliches Bild für 1959. Wer suchte schon Schatten damals? Braun war die Wohlstandshaut. Die Tradition des Einbuddelns ist bis heute ein Sandvergnügen. Ehrlicherweise aber selten so elegant. Wie heiß es wohl war? Oder hat Fotograf Richard Rutledge schon damals gewusst, was die Haut am liebsten hat? Schatten! Knackig wird sie ja trotzdem. Schöne Zeit!

MIT HUND MUFFIN

Glück gehabt! Nachdem die getönte Tagescreme „The Reparative Skin Tint“ von La Mer für ein Jahr aus den Regalen verschwunden war, ist sie nun zurück. Leicht abgeändert, mit mehr Lichtschutzfaktor (LSF 30). Sie ist und bleibt unser Sommer-Favorit. Denn sie lässt uns frisch und nicht geschminkt aussehen und hat mit 80 Euro einen für La-Mer-Verhältnisse angenehmen Preis. Liebling Nummer zwei? „Soleil de Capri“ von Montale. Das Parfüm kommt in einem Alu-Flakon und ist so leicht, dass es in jedes Reisegepäck passt. Und für noch mehr Frische empfehlen wir den Klassiker: das Terrakotta-Puder von Guerlain. In diesem Sommer in einer poppigbunten Puderdose.

ie Enttäuschung war herzzerreißend, ganz New York, ach was die weltweite eingeschworene Fangemeinde schien konsterniert: Nach fast 150 Jahren Unabhängigkeit mit dem einen, einzigen, eigenständigen Store im East Village drohte eine Ära zu Ende zu gehen. Die „New York Times“ brachte gleich mehrere Artikel und zitierte die Inhaberin: „Es fühlt sich an, als ob ich mein Kind für sein eigenes Wohlergehen zur Adoption freigegeben hätte.“ Kiehl’s since 1851, diese sehr kleine, dabei extrem populäre und genauso eigenwillige Firma, seit drei Generationen in Familienhand, mit der Gemeinde im ehemaligen New Yorker „Kleindeutschland“ fest verwachsen: verkauft?! Doch es war kein Verrat. „Wir konnten einfach die enorme Nachfrage nicht mehr bewältigen“, sagt Cammie Cannella, die im Store an der Third Avenue, Ecke 13. Straße im obligatorischen weißen Laborkittel anfing und heute als Vice President of Global Education Development tätig ist. Jamie Morse hatte 1988 die „Apotheke“ von ihrem Vater Aaron übernommen, erkannte, dass sie die Expansion allein nicht schaffen würde und machte schließlich L’Oréal ein Angebot: „Wir werden euch alles beibringen, was Kiehl’s ist, und ihr schafft die Infastruktur.“ Natürlich habe sie „ihnen das Versprechen abgenommen, loyal zu unseren Werten zu stehen“, sprudelt es aus Cammie. Und so kam es. Seit der Übernahme im Jahr 2000 wurden 400 Filialen in aller Welt eröffnet, der Umsatz in etwa verfünffacht. „Alles andere ist genauso geblieben“, versichert Cammie – und für einen Moment sind hinter der unerschütterlichen Überzeugung das Erstaunen und die Erleichterung über den Scoop erkennbar. „Alles andere“ meint die intensive Beratung, Verzicht auf klassische Werbung, Verpflichtung gegenüber der Gemeinde, in der man ein Geschäft betreibt, regelmäßige karitative Aktionen, Stiftungen, unter anderem für die Hautkrebsforschung an der Harvard Medical School, die äußerst loyale Kundschaft (davon sind – einmalig in der Branche – über 40 Prozent männlich) und die illustre Fangemeinde von berühmten Persönlichkeiten. Julianne Moore oder Meryl Streep zum Beispiel sieht man in „ihrer“ Filiale im Meatpacking District am Spice Market. „Wir bezahlen sie nicht,“ stellt Cammie sofort voller Stolz klar. Doch was bei all dem Kult um die Apotheke von 1851 noch weniger bekannt ist: „Kiehl’s verfügt über großes pharmazeutisches, kosmetisches und medizinisches Wissen.“ Das sagt Dr. Adam Geyer, der mit seiner Tribeca Park Dermatology zu den momentan angesagtesten Adressen Manhattans zählt, wenn es um Verjüngung mit Lasern und Fillern geht. „Die Wirksamkeit der Produkte bei absoluter Verträglichkeit ist meiner Erfahrung nach einmalig.“ Schon immer persönlich Kunde, empfahl er die Produkte auch seinen Patienten. „Wir verkaufen sie nicht in der Praxis, und Kiehl’s stattet Dermatologen nicht aus. Viele Jahre nachdem ich selbst in die Geschäfte gegangen war, Produkte und Broschüren besorgt hatte, kamen sie auf mich zu und meinten: ‚Wenn du unsere Produkte so empfehlenswert findest, warum arbeiten wir nicht enger zusammen.‘“ Die Legende geht, dass Er-

MARKENGESCHICHTE

Von Wurzeln und Lösungen Von einer kleinen Apotheke im East Village zum Liebling internationaler Dermatologen. Susanne Opalka verfolgt den eigenwilligen Weg von Kiehl’s. Und zwar vor Ort in New York

Gibt es ohne Rezept: Kosmetik von Kiehl’s

bin Jamie Morse zur Behandlung bei Geyer war und er ihr Kiehl’s Pflege empfahl. Inzwischen gehört der renommierte Mediziner, auch Dozent für klinische Dermatologie an der Columbia-Universität, zum internationalen Experten-Gremium, das die Firma in diesem Jahr zum zehnjährigen Jubiläum der Serie „Dermatologist Solutions“ (nur unzureichend mit „des Hautarztes Lösungen“ zu übersetzen) berief. Die einhellige Meinung der Fachleute aus der Schweiz, den USA, aus Brasilien und Korea lautet: „Es ist keine Naturkosmetik, aber sie sind unglaublich gut darin, die bestmöglichen natürlichen Inhaltsstoffe zu finden.“ Dermatologe Adam Geyer betont: „Kiehl’s hat eine große Kompetenz in der Grundlagenforschung der gesunden Haut.“ Und sein Kollege Dr. Martin Kägi, Dermatologe und Immunologe aus Zürich, bestätigt: „Die Produkte liefern beste Ergebnisse und sind so verträglich, dass sie auch perfekt zu den Behandlungen in der Praxis passen.“ Das gilt für das erste Produkt der Linie „Powerful-Strength Line-Reducing Concentrate“, das trotz 10,5 Prozent reinen Vitamin Cs selbst für empfindlichste Haut geeignet ist und nach zehn Jahren auf dem Markt immer noch als State of the Art gegen Falten gehandelt wird. Und es gilt auch für das neueste Mitglied: die „Iris Extract Activating Treatment Essence“ – eine konzentrierte, kristallklare Lotion, die die Haut aufnahmebereit für nachfolgende Wirkstoffe macht und den Wunsch aller nicht mehr 20-Jährigen erfüllt: der Haut den gewissen Glow, das Strahlen verleiht. Und zwar von innen heraus. Hintergrund: Mit etwa 25 Jahren fängt die obere Hautschicht an, immer dicker zu werden; das heißt, sie besteht aus bis zu 30 Zelllagen, junge Haut dagegen nur aus bis zu 15. „Wenn man nun einfach ständig Produkte darauf verteilt, die die Ausstrahlung verbessern sollen, hat das nicht wirklich einen Effekt. Man muss die Produkte dazu kriegen, in die Haut zu penetrieren“, erklärt Experte Geyer. „90 Prozent des Lichts, das junge Haut reflektiert, kommt aus den unteren Schichten.“ Ob das tatsächlich gelingt, wird jeder selbst beurteilen müssen. Nach ein paar Tagen mit „Iris“ in New York, versuchte mich eine Nancy am West Broadway von einer brandneuen Kosmetikmarke und deren Produkten zu überzeugen. Sie betrachtete meine Haut, fragte, was ich gerade verwendete, setzte zu einem Vortrag an, um dann ganz leise, aber bestimmt zu flüstern: „Bleiben Sie dabei.“ Im November 2003 setzte Jamie Morse-Heidegger (verheiratet mit dem österreichischen Ex-Skirennläufer Klaus Heidegger und Enkelin von Irving Morse, der 1921 John Kiehl die Apotheke abkaufte) höchst persönlich einen Birnbaum vor den Store im East Village. Genau an jener Straßenecke, die früher als „Pear Tree Corner“ bekannt war. Schließlich hatte bereits Peter Stuyvesant 1647 hier einen Birnbaum gepflanzt. Aus Holland importiert, wuchs er dort 220 Jahre lang, trug stets reichlich Früchte und wurde als „ältestes Lebewesen in New York” verehrt. Bis ihm 1867 ein Unfall zweier Pferdekutschen den Garaus machte. Der neue Baum gedeiht prächtig.

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INTERVIEW

„Opium“ von Yves Saint Laurent, am liebsten aber klare, frische, markante Herrendüfte. Und wie übersetzt sich das in Ihre Parfüms? Es sind zurzeit sechs Düfte, weitere werden folgen. Die Idee war es, den Esprit, die Originalität, die Opulenz und den Freigeist der Ikone Diana Vreeland einzufangen. Wir wählten Namen, die von den Eigenheiten und dem unverwechselbaren Ausdruck meiner Großmutter inspiriert sind: das orientalische „Extravagance Russe“, die floralen „Absolutely Vital“, „Perfectly Marvelous“, „Outrageously Vibrant“ und „Simply Divine“ sowie den Zitrusduft „Smashingly Brilliant“. Sie verwalten das Erbe Ihrer Großmutter, geben Bücher von ihr und über sie heraus sowie die Filmdokumentation „The Eye Has to Travel“. Und nun Parfüms. Wie kommt das? Viele Menschen haben eine große Leidenschaft für Mode, aber es gibt nicht viele Ikonen auf diesem Gebiet, die genial, verrückt und wundervoll genug sind oder waren, um in diesem Geschäft Zeichen zu setzen und so zur Legende zu werden. Im Film gibt es Humphrey Bogart und Audrey Hepburn; derlei Lichtgestalten sind in der Mode rar. Doch meine Großmutter ist eine von ihnen. Sie beeinfluss-

grafen, die Hervorragendes gestalten und hervorbringen. Ich glaube, das ist eine Temperamentssache. Das hat wenig mit Geld zu tun. Es liegt im Naturell eines Menschen, ob er etwas aus sich macht. Wäre meine Großmutter nicht in der Mode erfolgreich gewesen, wäre sie es vielleicht beim Film als Produzentin, im Internet oder als Kauffrau. Eigentlich dürfte sie auch als Vorläuferin aller Bloggerinnen gelten. Sie schickte fortwährend berühmt gewordene und gefürchtete Memos und Kommentare an ihre Mitarbeiter, Fotografen und Redakteure. Meine Großmutter war absolut furchtlos. Sie brach und änderte die Regeln nach Belieben – bei allem, was sie tat. Wir haben jetzt ein Buch mit genau diesen amüsanten Memos herausgegeben. Es heißt „Memos, The Vogue Years; Diana Vreeland“ und ist im Rizzoli-Verlag erschienen. Ihre Großmutter verehrte die japanische Kultur. Sie fand, dass jede Frau eine Geisha-Ausbildung machen sollte, da diese der Eleganz und Grazie zuträglich sei. Sie interpretierte die japanische Kultur auf ihre Art, in Anlehnung an das Kabuki-Theater mit seinen übertrieben geschminkten Mas-

Jede Begegnung mit ihr ist erinnerungswürdig

RICHARD AVEDON

Der Duft der Großmutter

Sie war nicht gerade eine typische Omi: Von 1936 bis 1972 prägte Diana Vreeland „Harper’s Bazaar“, danach die amerikanische „Vogue“. Ihre Exzentrik war legendär. Uschka Pittroff traf Enkel Alexander Vreeland, der ihren Esprit nun mit einer Parfüm- und Duftkerzenkollektion wieder aufleben lässt

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I

In ihrer Kolumne empfahl Diana Vreeland Champagnerspülungen für glänzendes Blond. Als Chefredakteurin revolutionierte sie die Welt der Mode und der Fotografie. Legendär sind auch ihre Bonmots sowie ihr Führungsstil, gegen den selbst eine Dame wie Anna Wintour eher wie ein Lämmchen auftreten soll. Und bei all dem roch Diana Vreeland stets gut. Selbst ihre Kissen ließ sie olfaktorisch akupunktieren. Im Interview erinnert sich ihr Enkel Alexander an jede Ma-

rotte seiner Großmutter, die sie erst zu der Stil-Ikone machten, die sie war. Welche Gerüche verbinden Sie mit Ihrer Großmutter? Sie war umgeben von Düften. In ihren Zimmern standen Blumen, hier, dort, da hinten, da drüben, überall, außerdem jede Menge Potpourris. Wenn sie bei „Vogue“ aus dem Aufzug stieg, wusste die gesamte Redaktion, dass sie angekommen war; die Luft war von ihrem Parfüm erfüllt. Überall brannten gleichzeitig Duftkerzen und Räucherstäbchen. Ich erinnere mich, dass sie Chanel-Parfüms trug, auch

Ein Publiku*msrenner. Ja! Vor meiner Großmutter bestanden Modeausstellungen aus ein paar Kostümen des spanischen Hofes, brav und steif aufgereiht, ein professorales und akademisches Thema. Das interessierte nur Kuratoren und Kostümbildner. Heute ist es eine aufregende Show, Entertainment. Die Museen nehmen damit das meiste Geld ein – und heute hat auch jedes Museum eine Kostümabteilung. Aktuelle Beispiele: die Ausstellung über Jeanne Lanvin oder die über Alexander McQueen in London. Diana Vreeland ließ Hunderte von Orchideenpflanzen für ein Fotoshooting nach Alaska versenden. Sie wollte, dass ein Modefotograf in Indien weiße Tiger fotografiert, und schickte Teams wochenlang an exotische Plätze. Wäre dieser Ansatz heute noch möglich? Absolut. Es gibt eine neue Generation von Modevisionären, sehr coole Stylisten und Foto-

War Ihnen klar, dass Ihre Großmutter recht exzentrisch war, oder dachten Sie, alle Omas seien so? Nein, ich hatte ja sechs Großeltern und damit drei Großmütter. Mir war schon bewusst, dass sie ein außergewöhnlicher Charakter war. Sie sind Kosmopolit, lebten auch in Europa. Welche Beziehung haben Sie zu Deutschland? Ich bin ein Berliner. Ach so? Ich verbrachte sechs Jahre meiner Kindheit in Berlin und Bonn. Außerdem prägte mein Vater Frederick, der heute in Rom lebt, diesen legendären Satz für John F. Kennedy und coachte ihn, ihn auf Deutsch möglichst richtig auszusprechen. Sie müssen wissen, JFK sprach mit einem heftigen Bostoner Singsang-Akzent, sodass man sein Englisch kaum verstand. Also: Meine Familie ist Deutschland eng verbunden; sie bezeichnen sich als Berliner, somit ich mich auch. Ihr Bruder Nicky wurde tibetanischer Mönch an der Seite des Dalai Lama, Sie Geschäftsmann. Wie kam das? Zunächst studierte ich Marketing mit Schwerpunkten wie „Achtsamkeit für Manager“; dann ging ich zu Giorgio Armani und mein Bruder wählte den spirituellen Weg. Er lebt abwechselnd in Südindien und New York, wo sein heute 93-jähriger Lehrer zu Hause ist. Wir sind unzertrennlich, telefonieren fast täglich. Das größte Verdienst Ihrer Großmutter? Sie konnte Menschen inspirieren. Ihr Anspruch war, dass jemand, der die „Vogue“ gelesen hatte oder aus einer ihrer Modeausstellungen kam, das Gefühl hatte, dass es sein Leben verändert hatte. Alles, was sie anfasste, war mit großen Umbrüchen verbunden und hatte die Qualität des Transzendenten.

ALEXANDER VREELAND

te die Bilderwelt des 20. Jahrhunderts und unsere Auffassung von Modefotografie. Als sie für das Costume Institute des Metropolitan Museum in New York Ausstellungen konzipierte, war sie die Erste, die die Achse zwischen Mode und Kunst formte, mit überraschenden Gemälden, bemalten Wänden in ungewöhnlichen Farben, Objekten, Lichteffekten und natürlich Düften. Die ließ sie einfach durch die Klimaanlage blasen.

merte ich mich die letzten vier Jahre ihres Lebens um sie. Wir waren sehr eng.

ken. Man kann doch gar nicht genug Kabuki sein. Das Leben in seiner Banalität zu erhöhen, der Fantasie freien Lauf zu lassen, verrückte Dinge jenseits der Norm zu tun, das ist doch erst das wahre Vergnügen. Wir brauchen mehr Grandes Dames wie sie, die aufregende Sachen machen. Sie hat sich die Ohrläppchen mit Rouge geschminkt, oder? Die Ohrläppchen? Wenn es nur die gewesen wären. Nein, gleich beide Ohrmuscheln! Einmal saß sie mit einem berühmten Mann im Flugzeug. Die Stewardess flüsterte ihm zu: „Erschrecken Sie bitte nicht, die Dame neben Ihnen bemalt sich ihre Wangen gerade dick mit Lippenstift.“ Wie eng waren Sie mit ihr? Hat sie mit Ihnen gespielt, wie es Omas so tun? Mit ihr konnte man jede Menge Spaß haben. Sie hat mich in ihr Büro in New York eingeladen, zum Lunch oder zum Dinner mit ihren Freunden. Ich bekam einen Burger, sie ihr geliebtes Erdnussbutter-Marmelade-Sandwich und ein Glas Whisky, dazu filterlose Lucky Strikes. Mein Vater war Diplomat. Großmutter besuchte uns auch in Marokko, wo wir einmal stationiert waren. Ich erinnere mich an ausgedehnte Spaziergänge mit ihr. Jede Begegnung mit ihr ist erinnerungswürdig. Als ich mit 30 Jahren nach New York zog, küm-

Sind wir hier wieder beim Spirituellen? Neulich erzählte einer der Designer bei Burberry, sein ganzes Leben habe sich verändert, nachdem er alte Ausgaben der „Vogue“ gelesen habe. Das hatte einen Gedankenprozess bei ihm ausgelöst, und er ging in die Mode. Es gibt eine Reihe von Menschen, die meine Großmutter nie kennengelernt haben, aber deren Leben durch sie beeinflusst wurde. Diana Vreeland mit Enkel Alexander auf den Schultern, Sohn Frederick, Enkel Nicholas und Schwiegertochter Betty

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Positano und die Amalfiküste; L’Eau d’Italie ist Duft und Dachmarke zugleich; Marina Sersale und Ehemann Sebastían Alvarez Murena (unten)

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Sebastián Alvarez Murena haben mit L’Eau d’Italie eine Duftreihe ins Leben gerufen, die den olfaktorischen Reichtum des Landes einfängt

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anchmal reichen wenige Worte für die Bilderflut im Kopf. Marina Sersale lebt heute in Rom, aber ihre Kindheitserinnerungen an die langen Sommer im Hotel ihrer Eltern in Positano in den 60er- und 70er-Jahren weiß sie eindrücklich zu schildern: „Ich denke an wunderschöne Frauen in Abendkleidern und Männer im Smoking, an das Gefühl von Sonne auf der Haut, an den Geruch der mediterranen Sträucher und an heiße Terrakotta-Fliesen, über die wir Kinder barfuß hüpften.“ Mehr als zehn Jahre ist es her, dass Marina Sersale und ihr Mann Sebastián Alvarez Murena diese Erinnerung mithilfe einer Parfumeurin in einen Duft übersetzten, bestehend aus Bergamotte, Schwarzen Johannisbeerknospen, Moschus und Weihrauch, und unter dem Namen „L’Eau d’Italie“ in Flakons füllten. Was ursprünglich als einmalige Reminiszenz an das fünfzigjährige Bestehen des Familienhotels gedacht war, ist inzwischen zu einer eigenen Marke mit kleiner Flagshipboutique in

Rom gewachsen. Unter Namen wie „Un Bateau pour Capri“ (Ein Schiff nach Capri) oder „Jardin du Poète“ (Garten des Dichters) interpretiert L’Eau d’Italie die Sinneseindrücke mythischer Orte Italiens neu – und bringt sie als Eau de Toilette, Seife oder Duftkerze heraus. So erreicht auch geruchlich profanere Weltgegenden ein Hauch aus dem Land, wo die Zitronen blühen. Marina Sersale war lange Zeit Dokumentarfilmemacherin, ihr argentinischer Mann Journalist. Vielleicht handeln die meisten der L’Eau-d’Italie-Düfte deshalb nicht nur von der verschwenderischen Schönheit der Natur des Landes, sondern auch von den Geschichten, die diese Üppigkeit scheinbar zwangsläufig mit sich bringt. Marinas Vater zum Beispiel, Paolo Sersale, war nach dem Zweiten Weltkrieg ein mittelloser Marquis aus dem Süden, dessen Familienbesitz auf ein Sommerhaus in Positano zusammengeschrumpft war. Außerdem war er der einzige Kommunist im Fischerdorf – und dessen Bürgermeister. Der Schriftsteller John Steinbeck, der im Jahr 1953 im Magazin „Harper’s Bazaar“ eine Reisereportage über Positano veröffentlichte, schrieb über den Vater: „Er ist ein starker, gutaussehender Mann in den Fünfzigern, der sich wie ein Strandgutsammler kleidet und in seinem Job als Bürgermeister sehr hart arbeitet.“ Nebenher entpuppt sich der kommunistische Adelige als ausgesprochen cleverer Geschäftsmann: Innerhalb kurzer Zeit avanciert das Sommerhaus der Familie unter dem Namen „La Sirenuse“ zu einem Firstclass-Hotel – Steinbeck beschreibt es als „makellos und cool“. Marina Sersales Mutter stammte aus dem englischen Hochadel, wuchs in einem Schloss auf und flog von der Universität „weil ihr Privatleben zu extravagant war“, wie die Tochter berichtet. Zusammen mit ihrem Mann, einem englischen Offizier, verbrachte sie ihre Ferien in dem Ort an der Amalfiküste und machte dort ihrem extravaganten Ruf alle Ehre: Vier Sommer hintereinander hatte sie eine Affäre mit dem Bürgermeister. Schließlich verließ sie ihren Mann und England, um in Positano

ein neues Leben anzufangen: „Keine der beiden Familien war begeistert“, so Marina Sersale, „es war für die Zeit äußerst skandalös.“ Zur Hochzeit im Jahr 1960 wurde die Braut in der Kutsche in Decken gewickelt, um sie vor den angereisten Paparazzi zu verbergen. „Le Sirenuse“ avancierte derweil zum Treffpunkt für viele, die man heute zum klassischen Jetset zählt. Elizabeth Taylor, Balthazar Getty oder Ronald Reagan stiegen in dem Haus ab. Später kamen Pop- und Filmstars wie Hugh Grant und Sienna Miller oder die Musiker von U2 dazu. Einige von ihnen sind die glamourösen Gestalten aus Marina Sersales Kindheit. Auch heute gehört das Fünfsternehotel zu den ersten Adressen für Kenner der Amalfiküste. Als Marina Sersale und ihr Mann L’Eau D’Italie nach zweijähriger Recherche und Komposition 2004 lancierten, glaubten sie noch, es sei ein Liebhaberprojekt. Doch der weltweite Erfolg des Dufts machte aus L’Eau d’Italie schon bald eine Dachmarke. Schließlich ist Italien reich an Gerüchen und Geschichten, bei denen selbst dem abgebrühtesten Zyniker Herz und Nase aufgehen. Neuester Zugang ist die gerade erschienene Komposition „From Morn to Dusk“, eine beschwingte, italienische Interpretation von Vanille mit Kopfnoten aus Maiglöckchen und Bergamotte und Basisnoten aus Zedernholz und Moschus. Längst geht es nicht mehr allein um physische Orte, sondern auch um die Abbildung eines Lebensgefühls, das, um Steinbeck zu paraphrasieren, dem Besucher fast unwirklich erscheint, wenn man dort ist, dafür fast schmerzhaft bewusst wird, wenn man das Land längst verlassen hat. Aber auch Städten wie Venedig und Siena wurden mit „Baume du Doge“ und „Sienne l’Hiver“ bereits duftende Denkmäler gesetzt. Ob es demnächst auch eine Komposition aus gerösteten Kaffeebohnen, Oregano, Sonnencreme und Zweitakterkraftstoff geben wird? Die Nase, so viel ist klar, hat in Italien fast noch mehr zu Heike Blümner tun als die Zunge.

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SONNTAG, 31. MAI 2015

UNTERWEGS

Global Diary

Erinnern Sie sich an die Zeit, als man statt WhatsApp und E-Mail noch Karten von fremden Orten schrieb? Wir tun es noch immer. Illustriert von Tim Dinter

SARDINIEN Als Erstes heißt es: Schuhe aus, die „Kairós“ ist ein Barfuß-Schiff und für die nächste Woche mein Zuhause. 38 Meter lang und 8,20 Meter breit, 568 Quadratmeter Segelfläche hat der Zweimastschoner. Sardiniens nördliche Inselwelt wird unser Revier sein, von Bucht zu Bucht, heute hier, morgen dort. Blaugrüne Badebuchten, weiße Sandstrände, die besten Sicht- und Ankerplätze, romantisch anmutende, kleine Häfen. Tagsüber segeln und Zeit für Badestopps, nachts Ankern oder am Kai eines interessanten Hafens festmachen. Nach dem Frühstück bespricht der Kapitän mit uns Passagieren die Route, Bordsprache ist Englisch: „It depends on the weather“, es hängt also vom Wetter ab. Bevor wir entlang der Costa Smeralda in See stechen, sind alle Gegenstände in den Kabinen zu sichern. Weder das Mobiltelefon noch die Zahnpastatube sollten während des Törns umherfliegen. Bis zu 10 Knoten ist die „Kairós“ schnell – ein Knoten entspricht einer Seemeile, 1,852 Stundenkilometer. Mein spezieller Platz ist nicht etwa im bequemen Deckchair, ich lege mich platt auf die sonnenwarmen Teakholz-Planken. Mein Körper hebt und senkt sich mit dem Schiffskörper, er ist so vertrauenerweckend, aus Stahl mit Mahagoni – beglückend das Geräusch des Windes in den Segeln. Durch die Reling sehe ich die sardische Küste, die luxuriösen Anwesen, die geheimnisvollen Formen der Gallura, die der Wind über Jahrtausende in die Steine geschnitten hat. Gelegentlich zieht eine Milliardärsyacht vorbei,

MYKONOS

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Was ist eigentlich Luxus, fragt man sich, während der holprigen Anfahrt vom Flughafen Mykonos zum „San Giorgio“ im Süden der Insel, einem Hotel in Bilderbuchlage direkt am Meer, das einen mit seiner Einfachheit rumkriegt. Diese Facette von Luxus hat hier einen Namen – New Bohemian Luxury – und definitiv keinen monströsen Flachbildschirm auf dem Zimmer. Genau genommen gar keinen Fernseher, dafür einen schwarzen Acapulco Chair, der schlichte Retroheld der 50er-Jahre. Und da steht man nun auf der Terrasse seines Veranda-Zimmers, die weiße Hängematte baumelt im Wind, Dattelpalmen rauschen, ein unverbauter Blick auf die unverschämt blaue Ägais, und weiß in diesem einen Augenblick ganz genau: Luxus ist ein dummes Wort. Warum? Weil es vortäuscht, es würde einem etwas geboten, was man sich ergaunert hat. Während man eine Weile vor sich hin philosophiert, das bereitgestellte Bastkörbchen (18 Euro, wer es mit nach Hause nehmen möchte) für den Strand packt, entdeckt man den Pool und lässt alles stehen und liegen. Weiche Luft ist Luxus, Schatten, wenn man ihn braucht, eine Lagune vor der Haustür. Inhaltlich, optisch und logistisch weit genug entfernt von Hotelburgen liegt das „San Giorgio“, aber man muss schon wissen, dass Mykonos eine Partyinsel, keine Seniorenresidenz ist. Die Beats von den angrenzenden Beach-Clubs sind manchmal hörbar. Dann wiederum: Pfff, lass sie alle tanzen, ich bleib hier auf meinem Kingsize Sunbed liegen und bestelle noch eine hausgemachte Rosmarin-Limonade. Geschaffen haben das Haus mit 32 Zimmern Thomas Heyne und Mario Hertel vor etwas drei Jahren. Ihr neuestes Projekt liegt nur ein paar Gehminuten entfernt am Strand: der „Scorpios Beach Club“. Kein weiterer protzender Strandclub, sondern eher eine Design-Fischerhütte. Eine Art Dayclub, der wie eine Festung gegen das Hässliche auf einem Hügel liegt. Hier gibt es Ruhe, Massagen auf den Terrassen, Ceviche im Restaurant, sanfte Musik und den wohl sagenhaftesten Sonnenuntergang der Insel: eine raue Eleganz. Aber man soll ja nicht so viele Adjektive verwenden. Das letzte also, versprochen: magisch. Susanne Kaloff schuf sich im Ägaischen Meer eine neue Luxus-Definition

manche haben Hund und Hundesitter mit Beiboot dabei, für Gassigänge an Land – kurios! Bei Windstärke 6 auf der Beaufortskala kommt für die Sailing-Vessel Tempo mit sanfter Schräglage auf, Gischt spritzt. Festhalten, immer „eine Hand für sich selbst und eine für das Schiff“, sagen die Profis, das gilt auch für uns Genuss-Segler. Den Koch bewegt der Seegang kaum. Er bereitet unter Deck die Gänge für das Abendessen vor – auf zwei Quadratmetern Kombüse, bei Rolling-Stones-Musik. Aus den Zutaten, die er heute in La Maddalena eingekauft hat, der Hauptinsel des gleichnamigen Archipels. Feine Weine und Champagner liegen längst gut gekühlt in der kleinen Bar. Herzlich ist das Miteinander auf begrenztem Raum, Gespräche mit Tiefgang entstehen, Alltags-„Knoten“ lösen sich erstaunlich schnell, sobald das Ufer außer Sichtweite gerät. Landgänge sind möglich, aber nicht zwingend. Will ich wirklich das feudale Nachtleben von Porto Cervo testen? Nein, ich möchte nur an Bord sein! Mit der Nase im Wind, sogar nachts. Mache die große Sonnendeckmatratze zu meinem Lager. Kann mich nicht müdesehen an dem übervollen, mediterranen Sternenhimmel. Weit oben am Großmast leuchten die Positionslampen, er ist insgesamt 35 Meter hoch. Lange noch schallt vom Ufer Stimmengewirr und Musik herüber. Morgen Abend wird der Kapitän mit uns möglicherweise in die Dunkelheit hineinsegeln. Lautlos, allein mittels astronomischer Navigation. Jedoch: „It depends on the weather!“ An Bord fühlt sich Uta Petersen immer wohler als an Land

OSLO

Hat man die norwegische Hauptstadt als Kunstmetropole in Erinnerung? Eher nicht. Umso erstaunlicher, dass Oslo mit einer der bedeutendsten Ausstellungen von ganz Europa lockt: Munch:Van Gogh. Nicht weniger erstaunlich das Stadtpanorama, wenn man mit Color Line von Kiel aus in den Hafen einfährt. Im Osten erhebt sich hinter dem neuen Opernhaus die just fertiggestellte Skyline namens Barcode. Wegen ihrer pixelartigen Erscheinung so genannt. Kurz vorm Anlegen schweift der Blick über das Viertel Tjuvholmen (Diebesinsel) mit Hochhaus-Architektur sowie dem ebenfalls neuen Astrup Fearnley Museum von Renzo Piano, unter segelartigen Glasdächern die hochkarätige Modern Art Sammlung, vertreten durch Künstler wie Jeff Koons, Anselm Kiefer, Andreas Gurski oder Damien Hirst. Daneben erhebt sich mit gläserner Front Design Hotel™ „The Thief“ – der Name Reminiszenz an die Schmuddel-Historie des Quartiers, der Inhalt so exquisit wie überwältigend. Mit dem Farbschema Schwarzgrau sorgt es für wohlig warme Stimmung. Und leitet das Auge auf die kraftvollen Kunstwerke, die über das ganze Haus verteilt sind. Sie stammen teils aus der Privatkollektion von Hotelier Petter Stordalen, teils vom Hotel eigenem Kurator Sune Nordgren, ehemals Direktor des Nationalmuseums, oder sind Leihgabe von nebenan. Wie Werke von Andy Warhol, Nikki de Saint Phalle, Richard Prince, Sir Peter Blake oder Julian Opie. Die Zimmer und Suiten sind mit Möbeln und Wohnaccessoires namhafter Manufakturen und Designern bestückt. Custom Made beispielsweise die wie ein Poncho gestylte Wolldecke von L&J für Røros Tweed. Auch die Küche macht in puncto Qualität keine Ausnahme. Herr am Herd von „Fru K“ ist Johan Laursen, der früher im Sterne-Restaurant Maaema kochte. Auf dem Bauernhof aufgewachsen, setzt er traditionelle Produkte von Land und Meer in moderne Kreationen um. Und die rustikalen Kunstwerke auf dem Teller sind zügig im Magen verschwunden, in meinen Augen indes verharrt die „Balloon Venus“ von Jeff Koons. Kiki Baron hatte Olso als dröge in Erinnerung und fuhr froh wieder ab

Viel zu entdecken: San Gimignano ist 20 Kilometer entfernt. Das Anwesen (Mitte) und, ja, auch viel Pool: Am Rande von Montaione liegt die „Tenuta delle Rose“ – ein (noch) nur Stammgästen bekanntes Hideaway

Nächster Halt? Stille Viel Landschaft, viel Kultur, viel Sonne: Ein kleines Refugium mitten in der Toskana lädt zum Verweilen. Caroline Börger tat es. Zu kurz

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twas abrupt kommt der Taxifahrer zum Stehen, der sich auf der Strecke vom Flughafen Pisa her noch so zielsicher durch die schmalen Straßen der üppig grünen Landschaft mit den typischen Zedern schlängelte. Nur ein kleines Schild am Straßenrand verweist auf die „Tenuta delle Rose“, das schmiedeeiserne Tor steht weit offen. Er fährt die Kiesallee hinunter, vorbei an weitläufigen Wein- und Olivenhainen und stoppt schließlich ein paar Hundert Meter weiter an zwei Terrakotta-Töpfen. Direkt neben der Rezeption. Buongiorno in der Toskana. Beim Öffnen der Wagentür hört man erst einmal – nichts, außer Vogelgezwitscher. Vergessen sind der Lärm im übervollen Flieger, das Getöse der Großstadt Berlin. „Anhand des Fahrstils erkennen wir schon, wie gestresst unsere Gäste sind. Je gestresster, desto schneller rasen sie die Allee hinunter, manchmal sogar bis zum zum Weinkeller, wo sie sich dann festfahren. Dann biete ich erst mal ein Eis an, und dann ist alles gleich viel besser“, sagt die Hausherrin und lacht. Wie gut, dass die Autorin nicht selbst am Steuer saß – der Fahrstil hätte sie entlarvt. Dr. Susann Mehlhorn-Hagebusch, eine resolute Frau mit blonder Kurzhaarfrisur und einem freundlichen Gesicht, begrüßt herzlich. Gemeinsam mit Ehemann Alfred hat die Heidelberger Internistin 2002 das 15 Hektar große Landgut gekauft, die Region zwischen Flo-

renz, Siena und Pisa war ihnen über Ferienjahrzehnte vertraut geworden. Nun steht hier ein Refugium. Für sich, aber auch für Gäste. „Tenuta delle Rose“ genannt. Gutshaus zur Rose – doch nicht etwa, weil hier Rosen so sprießen, sondern „weil unser Familienwappen, das wir auch als Logo benutzen, aus einem Hang mit Rosenbusch besteht“. Die duftenden Blumen, die überall auf dem Anwesen blühen, hat das Ehepaar erst hierhergebracht. „Gekauft haben wir damals einen heruntergekommenen Bauernhof“, erklärt die Gastgeberin. Nur ein altes Foto, das die Witwe des Vorbesitzers ihr schenkte, erinnert daran. Das Einzige, was noch vom alten Hof stehen geblieben ist, ist das kleine Haus am Eingang der Anlage. Das Ehepaar hatte es, lange bevor ihnen der Rest angeboten wurde, als Wochenendhaus erworben, und noch immer wohnen sie dort. Der Bauer wurde krank und bevor er verstarb, fragte er Alfred Hagebusch, ob er den Hof nicht kaufen möge. Er wolle seine Frau versorgen und hätte es am liebsten, dass die deutsche Familie das Anwesen ersteht. „Ich fragte ihn noch: Warum wir?“ – „Weil ich es so will“, lautete die schlichte Antwort des Bauers. Er wollte es in guten Händen wissen. Doch zunächst wussten die Heidelberger gar nicht, was sie mit dem Land am Rande von Montaione, einer 3700-Seelen-Gemeinde, anfangen sollten. „Die Idee zur Tenuta wuchs langsam, aber es musste nun auch Geld damit verdient werden“, sagt die 63-Jährige, die von den Einheimischen Susanna genannt wird

und wie ihr Mann perfekt auf Italienisch parliert. Aber der Zeitpunkt war ausgezeichnet. Die beiden Kinder waren aus dem Haus, der Mann lebte und arbeitete damals in einer Frankfurter Kanzlei – und sie fuhr jeden Tag in ihre Praxis. „Irgendwann stellte ich mir die Frage: Mache ich so weiter oder ziehe ich nach Italien?“ Sie ging, lebt seither von März bis zum ersten Advent in der Toskana. Im Oktober 2004 feierte man die Eröffnung, die Renovierungsarbeiten hatten nur zwei Jahre gedauert. „Zügig war das – nicht nur für italienische Verhältnisse“, erzählt „Alfredo“ Hagebusch mit einem Augenzwinkern. Zehn Apartments sind es geworden, die italienischen Handwerker wunderten sich: Der Platz hätte doch auch für 14 gereicht. Die Neu-Hoteliers wollten es aber großzügig. „Wir haben keinen klassischen Hotelbetrieb, daher muss man in den Wohnungen kochen können – vom Gasherd bis zu Töpfen und Geschirr ist alles da. Wobei die meisten unserer Gäste auch gern essen gehen“. Im Umkreis von fünf Kilometern hat man dutzende Möglichkeiten. Vom Gasthof bis zur Sterneküche. Oder man bestellt Pizza im Ort. Selbstabholer. Gefrühstückt werden kann (auch das kein Muss) gemeinsam mit den anderen Gästen im „Il Granaio“, dort, wo früher der Kornspeicher stand und wo man von der überdachten Terrasse aus – selbst bei Regen – einen herrlichen Blick über den Pool hat, für den die Hagebuschs 60 Olivenhaine umpflanzen ließen, und über die Weinberge und Pappelwälder. Man fühlt sich wie bei Freunden, sitzt bei der wöchentlichen „Happy Hour“ gemeinsam am Brunnen auf der Piazza, trinkt Campari Orange, kleine Pizzastücke werden gereicht, die Gäste erzählen von ihren Ausflügen, oder die Gastgeber geben Tipps. Einer lautet: „Mieten Sie sich ein Auto. Man muss viel umherfahren. Es gibt so viel zu entdecken, fahrt mal nach Florenz oder Siena, ins weniger touristische Certaldo oder ans Meer.“ Oder man bleibt einfach am Pool, wo dank der Hanglage selbst im Hochsommer immer ein Lüftchen weht, und lauscht der Stille. Bis ein Traktor auf dem Nachbarhügel den Motor anschmeißt. Aber was bedeutet das schon, verglichen zum Lärm der Stadt. Dolcefarniente. Basta.

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DIE ANHÄNGER VON DODO In den Ateliers und Manufakturen dieser Welt werden weiterhin Handwerkskünste gepflegt, und wir schauen dabei zu

Als Dodo 1994 gegründet wurde, lag die kreative Herausforderung darin, ein Schmuckstück aus nur einem Gramm Gold zu fertigen – dafür mit symbolischem Wert angereichert. Das Motto der italienischen Schmuckmarke, die zu Pomellato gehört: „Jedes Dodo hat etwas zu sagen.“ So stehen die über 60 verschiedenen Anhänger unter anderem für Liebe, Freundschaft, Dankbarkeit. Vor elf Jahren wurde der erste Anhänger in Form eines Dodos, des bereits im 17. Jahrhundert ausgestorbenen Riesenvogels, angefertigt. Er steht weltweit als ein Symbol für Naturschutz, und seine stille Botschaft lautet: „Ich bin dein.“ Wir schauten im Mailänder Atelier dabei zu, wie Salamander („Halte mich warm“) und Fledermaus („Die Nacht ist noch jung“) von Hand gefertigt werden. 1. Alles beginnt mit einem Mustermodell. Es wird in weiches Silikon gepresst. 2. Das Ergebnis ist eine Negativform, die nun mit flüssigem Wachs ausgegossen werden kann. 3. Nach dem Erkalten wird es die exakt gleiche Form haben, wie das Mustermodell zu Anfang. Auf einen Plastikstab gesteckt, bilden die Geckos eine Art Wachsbäumchen. Das Gebilde wird anschließend mit Gips überzogen. Beim anschließenden Aushärten verflüssigt sich das Wachs wieder, läuft heraus und schafft die finale Negativform. 4. & 5. In einem feuerfesten Gefäß wird der Goldbarren geschmolzen und läuft tröpfchenweise aus einem Loch im Boden heraus. In einem Wasserbad kühlen sie aus und werden zu leicht portionierbaren Kugeln. In der richtigen Mischung aus Weiß- und Gelbgold werden sie erneut eingeschmolzen. Das gewonnene flüssige 18-karätige-Gold wird in die Gipsform gegossen. Nach dem Auskühlen kann der Gipsmantel rückstandslos entfernt werden. 6. Die Fledermaus wird mit der Anhängerschlaufe verschweißt. 7. Der Gecko wird per Hand mit grünen Tsavoriten verziert. Übrigens, der fertige Gecko ist rund 19 Millimeter klein. Gibt’s zum Beispiel im Flagshipstore in Düsseldorf.

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Name: Roderick King

Birthday: 1997-10-09

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Job: Customer Sales Coordinator

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Introduction: My name is Roderick King, I am a cute, splendid, excited, perfect, gentle, funny, vivacious person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.